Wer gelegentlich zurückblickt, kann dabei durchaus die Trends von morgen entdecken. Denn die Wunderkammer der Vergangenheit inspiriert Künstler und Designer immer wieder zu neuen Ideen. Ich musste zum Beispiel schmunzeln, als ich auf den Laufstegen die diesjährigen Frühjahr-/Sommer-Kollektionen sah. Ein großes Thema: Batik! “Oh, das hatten wir doch in den 70ern schon hoch und runter”, lacht meine Tante. Und auch in den 90ern ging nichts ohne kunterbuntes Batik-Shirt – am besten selbstgemacht. Die gefärbten Teile sorgten für sommerliches Hippie-Feeling. So mancher hat vielleicht für immer genug davon, für andere wiederum ist es vielleicht neu oder bleibt spannend. So ist es eben mit den Trends.
Textilfärbetechniken wie Batik – ein aus Indonesien stammendes Färbeverfahren mit Wachs –oder Shibori – eine Technik aus Japan, bei der durch Falten, Wickeln, Pressen und Abbinden unzählige Muster entstehen – sind bereits viele Jahrhunderte alt. Aus dem flachen Stoff kreieren Shibori-Künstler dreidimensionale Formen. Die Spuren dieser Vorbehandlung zeigen sich später in den Mustern.
Die faszinierende Shibori-Technik hat mich zu diesem DIY-Projekt inspiriert: Leinenschürze – in Blau gebadet… und zwar in der Waschmaschine!
Auf Streifzug
Shibori (shiboru – wringen, pressen, drücken) – mit dieser mehr als 1000 Jahre alten Textilfärbetechnik haben arme Leute in Japan ihren alten Stoffen wieder neuen Glanz verliehen. Abgenutzte Kleider – meist aus einfachen Hanfstoffen – wurden geflickt und mit Indigo, einem tiefblauen Naturfarbstoff, gefärbt. Aus der Not heraus entstand so über die Jahrhunderte eine besondere Handwerkskunst und eine, auch von den höheren Gesellschaftsschichten, anerkannte Kunstform.
Doch – wie andere alte Handwerkstechniken auch – wurde sie vom technischen Fortschritt größtenteils in den Schatten gestellt. Die kleinen Renaissancen in der Mode oder im Interiordesign sorgen vielleicht dafür, dass wir sie nicht ganz vergessen.
Jede ein Unikat
Diese Schürze habe ich aus altem französischen Leinen genäht. Solch handgewebtes Leinen von besonderer Qualität findet man immer wieder mal auf Märkten, in Antikgeschäften oder z.B. über Kleinanzeigen. Ich habe ein schönes Stück bei einem meiner Streifzüge durchs ” 7. Zimmer “entdeckt. Perfekt für mein Projekt “Leinenschürze”. Natürlich kann man auch ein Leinenstück im Stoffgeschäft kaufen. Oder man färbt – im Sinne der Shibori-Tradition – eine bereits etwas abgetragene Schürze?
Ich habe meine Schürze in der Waschmaschine mit Textilfarbe aus der Drogerie gefärbt. Das funktioniert sehr gut und es gibt zahlreiche schöne Farben. Auch ein Anthrazit oder ein tiefes Grün könnte ich mir fantastisch vorstellen.
Das Färben mit Indigo hingegen ist zwar eigentlich optisch unschlagbar, aber auch deutlich aufwändiger und schwieriger (dazu noch ein Hinweis am Ende dieses Beitrags!).
Ich habe meiner Leinenschürze per Hand ein Monogramm auf die Tasche gestickt. Das finde ich besonders schön, wenn man die Leinenschürze als Geschenk anfertigt.
Ich glaube, meine Liebe zum Handgemachten ist eine Reaktion auf Trends, die immer noch stark von Verschwendung, Schnelllebigkeit und Überfluss geprägt sind. Es ist ein schönes Gefühl, etwas selber zu machen, einem alten Stoff eine neue Funktion zu geben. Darüber nachzudenken, wie man ihn noch nutzen kann und somit seine Geschichte weiterzuerzählen. Eine schöne Möglichkeit, Tradition in der Moderne zu bewahren. Außerdem ist es total spannend, Stoffe auf diese Art zu färben. Das Ergebnis ist immer eine Überraschung.…
Material:
- Leinen (110 x 140 cm), gewaschen
(Antikes Leinen liegt nicht so breit. Mein Stück hatte eine Breite von 90 cm, dafür war es länger. Und ich habe die hübschen Webkanten an den Seiten nicht umgenäht) - Nähmaschine, Nähgarn aus Baumwolle oder passend zur Farbe, in der gefärbt wird
- Stecknadeln, Schere, Bügeleisen
- kleiner Stickrahmen (ca. Ø 10 cm), Stickgarn, Sticknadel
- Textilfarbe ( z.B. Simplicol expert + Farbfixerer oder Dylon), je nach Gewicht des Stoffes 1–2 Packungen
- Gummibänder, Schnur
Schnittschema:
1 cm Nahtzugabe ist einberechnet
x – Ansatzpunkte für die Bindebänder
Anleitung:
Die Schürze im Stoffbruch (Stoff links auf links gelegt) zuschneiden (ich habe einfach eine vorhandene Küchenschürze als Schnittmuster genutzt). Die Bindebänder aus dem doppelt gelegten Stoff zuschneiden, so dass man vier Bänder erhält.
Die Kanten der Tasche versäubern (mit Kettel- oder Zickzackstich).
Bindebänder:
Die Teile für die Taillenbänder längs in der Mitte falten (links auf links) und 0,5 cm vom Rand absteppen. Die Nahtzugaben mit der Hand auseinander falzen. Eine kurze Seite 0,5 cm vom Rand absteppen. Die Ecken etwas abschneiden. Nun z.B. mithilfe eines Kochlöffels den Schlauch wenden. Die Bänder bügeln. Dabei die offenen Seiten 0,5 cm nach innen einschlagen und bügeln.
Bei der Schürze die seitlichen Nahtzugaben doppelt einschlagen und absteppen.
Für den unteren und den oberen Saum die Kanten erst 1 cm einschlagen, bügeln, und den Saum dann ca. 2 cm einschlagen, bügeln und feststeppen.
Zwei Bindebänder je rechts und links von hinten an den oberen Saum stecken und mit einem Rechteck feststeppen.
Die beiden Bindebänder für die Taille von hinten an die seitlichen oberen Ecken stecken und ebenfalls mit einem Rechteck feststeppen.
Die Tasche wird noch nicht aufgenäht, damit wir sie nach dem Färben in den Stickrahmen einspannen können.
Leinenschürze färben
Die Bindebänder der Schürze von der langen Seite her eng auf eine Schnur (etwas länger als die Bindebänder) wickeln. Dann nach Belieben in Abständen Gummibänder fest um die aufgerollten Bindebänder wickeln. Die Enden der Schnur zusammenziehen, den Stoff auf der Schnur zusammenschieben und die Schnurenden fest verknoten.
Für die Querstreifen die Schürze mittig senkrecht falten und dann in ca. 4–5 cm breite ziehharmonikaartige Falten legen. Nun mit den Gummibändern in Abständen nach Wunsch Stellen abbinden, die dann später weiß bleiben. Das nun entstandene lange Stück ein bis zweimal knicken und mit Schnur zusammenbinden, damit ein etwas kompakteres Paket entsteht. Hier ist es aber dem eigenen Experimentierdrang überlassen, eigene Muster und Methoden zu finden.
Die Tasche habe ich auf ein doppeltes Stück Schnur gerollt und nur leicht mit der Schnur zusammengebunden. Sie sollte eher schlicht bleiben, damit man das Monogramm gut erkennen kann. Bei mir entstand so ein leichter Farbverlauf.
Nun den Stoff nach Anleitung des Herstellers mit der Textilfarbe in der Waschmaschine färben. Ich habe den Stoff vorher nass gemacht, damit er die Farbe besser annimmt. Die Farbmenge richtet sich nach dem Gewicht des Stoffes. Ich habe zwei Farbflaschen benutzt, da mein Leinenstoff recht schwer war.
Nach dem Färben in der Maschine kommt der spannende Moment: nun werden alle Schnüre und Gummibänder entfernt und man erkennt das Muster.
Die Schürze trocknen lassen und mit Dampf gut bügeln.
Das Stick-Monogramm
Den Stoff für die Tasche in einen Stickrahmen spannen und ein Monogramm entweder per Hand oder mit einer Schablone und Schneiderkreide oder Bleistift zart aufzeichnen. Hübsch sind auch die alten Stickschablonen (mehr dazu hier).
Für mein Monogramm habe ich den Schnurstich gewählt. Eine Anleitung dazu und zu weiteren möglichen Stick-Stichen gibt es hier: handarbeitszirkel.de
Nun die Kanten der Tasche 1 cm einschlagen, bügeln. Die obere Kante per Hand mit einem unsichtbaren Saumstich fixieren (wer eine Anleitung braucht, findet sie hier). Abschließend die Tasche mittig oder leicht seitlich aufsteppen.
Passed zu diesem Thema:
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Lebe lieber einzigartig – eine Homestory