Schon der Klang des Namens macht neugierig: Das 7. Zimmer.
Ich denke an eine verwunschene alte Villa in einem geheimnisvollen Garten, durch die man von Zimmer zu Zimmer streift. Bis man plötzlich vor diesem einen steht– dem 7. Zimmer, in der Hoffnung verharrend, dass sich hinter dieser Tür etwas Besonderes verbirgt. Eine Sammlung kostbarer kleiner Schätze etwa?
Tatsächlich geht es mir immer so, wenn ich durch den schönen Hamburger Stadtteil Eppendorf schlendere und plötzlich durch eine hohe Toreinfahrt über Kopfsteinpflaster den Innenhof einer ehemaligen Brotfabrik betrete. Die kleine unscheinbare Tür mit dem handgemalten Schild darüber und die nonchalante Dekoration davor haben es mir angetan.
Wenn ich die steile Holzstiege hinter der Tür emporsteige, tauche ich ein in eine kleine französische Welt der schönen Dinge. Brocante (frz. Trödel, Antiquitäten) – französische Gebrauchsgegenstände, Ländliches, Mobiliar, Antikes – alles mit einer herrlichen Patina der letzten Jahrzehnte.
Für mich, als passionierte Schatzsucherin, ist es ein Paradies. Geschaffen vor 20 Jahren auf dem Dachboden des Pferdestalls einer alten Brotfabrik. “Noch in den 40er Jahren wurde in der Fabrik Brot gebacken und hier unten schnauften die Pferde”, erzählt mir Gabriela Kost. Schon immer hatte sie ein Faible für Antikes aus Frankreich. Für all die schönen Dinge, die nicht nach Perfektion streben, sondern mit ihrer Unvollkommenheit bestechen. So hatten die Gartenstühle Rostspuren, Sitzpolster von Stühlen waren geflickt und die Farbe der Eisentischchen war abgeplatzt. “Anfangs dachte so mancher, ich wolle hier einen Schrotthandel eröffnen”, lacht sie. “Möbel mit dieser Art von Patina waren damals noch etwas ungewöhnlich…”, berichtet sie weiter. Aber sie ließ sich nicht beirren. “Ich hatte damals nichts, außer einer kleinen Sammlung schöner Dinge zu Hause. So bin ich erstmal nach Paris gefahren, habe auf den berühmten Antik- und Flohmärkten der Stadt eingekauft und angefangen, mir ein Händlernetzwerk aufzubauen.”

Haushündin “Sugar” begrüßt von ihrem Thron aus die Besucher.
Viele haben den Traum vom eigenen Laden, manche den Mut, ihn zu verwirklichen und wenige das Glück, eine Erfolgsgeschichte daraus zu machen. Das richtige Händchen gehört natürlich auch dazu. Ein Vorteil: Durch ihre guten Kontakte zur Hamburger Stylisten-Szene war das 7. Zimmer schnell als Requisitenverleih für Fotoproduktionen eine beliebte Adresse. Die Patina und Ausstrahlung der Möbel und Accessoires sind ja auch eine wahre Freude für jeden Fotografen und Stylisten.
Poesie aus vergangene Zeiten…
Das Schaufenster des kleinen Showrooms direkt an der Hegestraße gibt mir einen Vorgeschmack auf die Schätze im Hinterhof. Mittlerweile gehört auch der urige alte Pferdestall zum 7. Zimmer – ideal für die Inszenierungen der französischen Antiquitäten. Zwischen rustikalen Holztischen, Stühlen, überdimensionalen Industrieleuchten und vielem mehr warten Kübel voller Zweige, Blüten und Pflanzen auf ihre Bestimmung. “Immer vor Weihnachten fertigen wir besondere Kränze. Jedes Jahr wieder anders.” Sie zeigt mir einen Kranz mit eingearbeiteten, alten Kuhglocken.
Ich finde es faszinierend, wie dieses Ambiente dazu anregt, Gebrauchsspuren nicht nur zu dulden, sondern die Ästhetik darin zu entdecken. Gabriela Kost nimmt die Dinge aus ihrem Zusammenhang und inszeniert sie neu, anders. “Dinge, die ich nicht mag, kommen mir nicht die Treppe hoch!” verrät sie mir entschlossen.
Durch ihre Arrangements zeigt sie auf, wie man Objekte in ein besonderes Licht rücken kann. Sie schärft den Blick für Details, für vermeintliche Nebensächlichkeiten, die durch ihre Geschichte plötzlich zu etwas Besonderem geworden sind. Ich greife nach einem uralten dicken, wunderschönen Leinensack. Dass er ein Loch hat, stört mich nicht. Er hat das Charisma gelebten Lebens und würde sicher als “Übertopf” für meine große Glückskastanie perfekt aussehen.
Heute sprechen wir viel von Nachhaltigkeit – es ist wohl kaum etwas nachhaltiger, als sich mit Dingen zu umgeben, die es sowieso bereits seit Jahrzehnten gibt und noch viele weitere geben kann. Zudem sie meistens von exzellenter Qualität und irgendwie unverwüstlich sind. In gewisser Hinsicht also ein sehr modernes Konzept!
Das Geheimnis des Erfolgs
Hinter das Geheimnis von Gabriela Kosts Erfolg bin ich schnell gekommen: Pure Leidenschaft und eine Liebe und Begeisterung für ihr Sortiment. Jedes Teil sucht sie persönlich aus. Dabei verlässt sie sich ausschließlich auf ihr Gespür. Und das kann sie auch. “Alles, was hier steht, würde ich mir auch zuhause hinstellen”, so die kreative Spezialistin. “Ich verbringe hier so viel Zeit – ich könnte es nicht ertragen, von Dingen umgeben zu sein, die ich nicht schön finde.” Am liebsten ist es ihr, ihre Schätze in guten Händen zu wissen, hängt doch ihr Herz daran.
Mir gefällt ihre Haltung zu den Dingen, ihre Linie. Das macht sie zu einer festen Größe in der Interior-Szene. Wenn ich im 7. Zimmer umherstöbere, werde ich immer angesteckt von so viel kreativer Schaffenslust.
Wer in Hamburg lebt oder Hamburg besucht, kann selber einmal die schmale Stiege hinaufsteigen. Wer nicht die Möglichkeit hat, den mag mein Text bestärken, den Blick offen zu halten. Pinterest-Boards und Instagram-Posts können die reale Wahrnehmung und Inspiration eben nicht ersetzen. Das Sehen, das Berühren, das Ergreifen und das Nicht-mehr-Loslassenwollen, das sich Verzaubernlassen. Ich finde es schön, dass es immer noch unverwechselbare Läden wie das 7. Zimmer gibt. Sind es doch diese besonderen Adressen, die unsere Stadtviertel prägen und den Charme eines Quartiers ausmachen. Und darum geht es doch.
Das 7. Zimmer von Gabriela Kost ist in der Hegestraße 7 in Hamburg zu finden.
In einer Zeit rasender Geschwindigkeit brauchen wir Dinge, die uns innehalten lassen. In den Räumen vom 7. Zimmer vergißt man die Außenwelt. Einfach pure Gänsehaut.
Bärbel Krentzien, Lüneburg
Liebe Frau Krentzien, wie schön das zu lesen. Sie haben so recht. Es ist so wichtig den Blick manchmal einfach schweifen zu lassen. Ganz analog! Das regt die Fantasie an und entspannt. Die Atmosphäre im 7. Zimmer fängt mich auch immer wieder herrlich ein. Herzliche Grüße! Larissa Wasserziehr