Geht es Ihnen auch so? Im Februar wird die Sehnsucht nach Licht, Wärme und Farbe immer größer. Die Sonne versteckt sich allzu oft hinter schweren Wolken, aus denen Regenfäden fallen, die alles grau aquarellieren. Ich beobachte die Tropfen, die an meinem Fenster hinabrollen, wieder und wieder…
“Kennst Du das Land, wo die Zitronen blühen,
Im dunklen Laub die Goldorangen glühen,
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht?
Kennst du es wohl? Dahin! (…)”aus “Mignon” von Johann Wolfgang von Goethe
Ach ja, Sehnsucht kann ja auch etwas Schönes sein. Aus ihr entstehen oft genug gute Ideen. Und wenn sich an manchen Tagen dann doch die Sonne zeigt, taucht sie die Natur in zartes Rosa und die Vorfreude wächst.
Während in meinem Garten die Schneeglöckchen mit ihren Köpfen im Wind wippen und Scharen von Meisen munter auf den kahlen Ästen spielen, backe ich in meiner Küche eine Blutorangentorte – ein guter Anfang, das Leben wieder in bunteren Farben zu malen. Denn jetzt lieben wir, was die Seele erfreut, was duftet und schmeckt.
Sonne zum Naschen
Blutorangen haben genau jetzt Hochsaison. Zwischen Dezember und Anfang April werden sie geerntet und nun finden wir die schmackhaften Früchte mit dem roten Fruchtfleisch auf Wochenmärkten, in Bioläden und Supermärkten.
Ihre große Menge an immunstärkenden Vitaminen C, B und E sowie die Mineralstoffe Kalium, Calcium, Magnesium und Phosphor machen sie gerade in den letzten Winterwochen so wertvoll. Blutorangen sind etwas kleiner und süßer als normale Orangen und haben ein nahezu beeriges, intensives Aroma. Damit sind sie für meine Blutorangentorte perfekt! Es gibt allerdings auch Früchte, die außen rötlich und innen gelb sind. Die Farbe des Fruchtfleisches offenbart sich erst, wenn man die Blutorangen schält.
Betörend – der Duft von Blutorangen
Um ihre Farbe zu bilden, brauchen Blutorangen große Temperaturunterschiede. Sie werden im Mittelmeerraum angebaut. Besonders mögen sie das Klima auf Sizilien. Hier ist es tagsüber schön warm und nachts recht kalt. Bei Temperaturschwankungen zwischen 0°C und 20°C entsteht der purpurne Pflanzenfarbstoff.
Ich hatte eine genaue geschmackliche Vorstellung von meiner Blutorangentorte und habe lange komponiert, bis sie weder zu süß noch zu weich, aber schön fruchtig und aromatisch war. Dazu habe ich einen Sirup aus dem Saft der Blutorangen und etwas frischem Thymian gekocht. Eine Quark-Sahnecreme mit Sirup und Blutorangenfilets ist das Herz meiner Torte.
Blutorangentorte – rosarote Frühlingsgefühle
Vom Markt habe ich frische Bio-Blutorangen mitgebracht. Die Früchte aus dem Süden leuchten, als tanzten Sonnenstrahlen auf dem Tisch. Und wie sie duften!
(…) „Warum haben Gerüche eigentlich keine Namen?” Linus saß auf der Ladentheke und nahm eine Apfelsine aus der Kiste, die neben ihm stand. Je öfter er sie in die Luft warf und wieder auffing, desto mehr duftete es im Raum nach Apfelsine. (…) „Das ist doch seltsam?” Linus legte seine Hände um die Apfelsine und schnupperte konzentriert. “Farben haben Namen, aber Gerüche nicht. Wie diese Apfelsine riecht, zum Beispiel. ” Linus hielt sie hoch. „Dafür gibt es kein Wort.” (…)
(Aus dem Roman Apfelsinen für Mister Orange von Truus Matti)
Blutorangentorte – das Rezept
Zutaten für eine Torte mit Ø 18–20 cm:
Für den Keksboden:
- 120 g Butterkekse
- 60 g Butter
Für die 2 weiteren Böden:
- 150 g zimmerwarme Butter
- 50 g Zucker
- 2 Eigelb
- 1/2 Vanillestange oder 1 Pck. Bourbon-Vanillezucker
- 1 Prise Salz
- 150 g Weizenmehl
- 1/2 TL Backpulver
Für den Sirup:
- 4 Blutorangen
- 60 g Zucker
- 1 ‑2 Zweige Thymian
Für die Quarkcreme:
- 1 gehäuften TL Agar Agar (oder 3 TL gemahlene Speisegelatine)
- 250 g Sahnequark (40%)
- 75 g Zucker
- Mark einer 1/2 Vanilleschote
- Saft einer 1/2 Zitrone
- 4 Blutorangen (Filets)
- 2 Eiweiß
- 200 ml Sahne
Für das Frosting:
- 200 g Mascarpone
- 100g Creme Fraiche
- 2 EL Puderzucker (mehr oder weniger – je nachdem wie süß Sie es mögen)
Außerdem brauchen Sie eine Springform Ø 18–20 cm, einen Tortenring und Backpapier
Zubereitung:
Am Vortag: Für den Keksboden die Butterkekse in einen Gefrierbeutel geben und mit einem Nudelholz fein zerbröseln. Die Butter schmelzen und gut unter die Keksbrösel rühren. Die Springform mit einem Backpapier auslegen und die Keksmasse einfüllen, schön festdrücken, abdecken und über Nacht in den Kühlschrank stellen.
Für den Sirup eine der vier Blutorangen waschen und mit einem Zestenreißer die Schale dünn abreißen. Anschließend alle Orangen pressen und den Saft mit den Zesten, dem Zucker und dem Thymian in einen Topf geben. Den Saft zum Kochen bringen und 20–25 Minuten leicht köcheln lassen, so dass ein Sirup entsteht. Den Sirup durch ein Sieb in ein Schälchen gießen.
Den Keksboden aus der Form lösen und auf eine Tortenplatte legen.
Den Backofen auf 180 °C Ober-/Unterhitze vorheizen.
Für die weiteren Böden Butter, Zucker, Eigelb, Vanille und Salz ausdauernd schön schaumig rühren. Mehl und Backpulver dazu sieben und alles zu einem streichfähigen Teig verrühren. Den Boden der Springform mit Backpapier auslegen. Ein Backblech mit Backpapier auslegen und den Tortenring auf Ø 18 oder 20 cm einstellen. Den Ring auf das Backblech setzen und jeweils die Hälfte des Teiges in die Formen geben und glatt streichen. Ca. 20–25 Minuten backen. Nach dem Backen sofort einmal vom Backpapier lösen.
4 Orangen schälen, filetieren und die Filets halbieren. (Ein Anleitungsvideo finden Sie z.B. hier ).
Abtropfen lassen.
3 gute Esslöffel des Sirups in einen kleinen Topf geben. Das Agar Agar nach Packungsangabe einrühren und für eine Minute köcheln lassen. Dabei gut umrühren. Beiseite stellen.
Den Quark mit Zucker, Zitronensaft und Vanille gut verrühren. Den Sirup mit Agar Agar gut einrühren. Das Eiweiß sowie die Sahne steif schlagen und mit den halbierten Blutorangenfilets unter die Quarkcreme ziehen.
Den Tortenring um den Keksboden legen. Die Hälfte der Creme auf den Boden geben. Einen der Böden auflegen und mit der anderen Hälfte der Quarkcreme bedecken. Den letzten Boden auflegen. Mit Frischhaltefolie abdecken und für mindestens 4 Stunden in den Kühlschrank stellen.
Dekoration: Für das Frosting Mascarpone, Creme Fraiche und Puderzucker gut verrühren. Den Tortenring entfernen. Zum Einstreichen des Tortenrandes hilft es, den Boden der Springform auf die Torte zu legen und das Frosting von unten nach oben um den Rand zu streichen. Die Kante des Springformbodens verhindert, dass die obere Teigplatte bricht. Zum Schluss die Torte oben mit Creme bestreichen. Nach Belieben mit zarten Thymianzweigen dekorieren.
Tipp: Wenn Sie die Orangen vor dem Schälen gut waschen, können Sie die Schalen mit einem Messer vom restlichen Fruchtfleisch befreien und in kleine Stücke schneiden. Auf einem Backblech mit Backpapier im Ofen bei 50°C trocknen (ca. 1 Stunde).
Nun lässt sich die Orangenschale mit Teeblättern (Darjeeling, Assam, Grüner Tee) mischen und zu einem köstlichen Tee aufbrühen.
Rosarote Frühlingsgefühle
Egal, ob es draußen grau ist oder rosa leuchtet – wenn Sie den Kaffeetisch mit hellem Leinen decken und ein paar Kirschzweige oder rosa Hyazinthen in die Vase stellen, wird das Warten auf den Frühling sicher leichter!
“Überall will man nicht länger warten,
Schneck und Bienlein drängen sich zum Licht,
Vögel spielen: Komm, du kriegst mich nicht,
Und dem Winter, der noch schläft im Garten,
Schwebt ein Frühlingstraum auf dem Gesicht.”S.T. Coleridge
Empfehlungen:
- Wie Sie Leinen- oder Baumwollservietten ganz natürlich in zartem Rosa färben, erfahren Sie hier: Kreative Geschenke: Färben mit Avocado
- Rüblitorte mit Zitronencreme und kandierten Blüten
- Orangen-Zitronenkuchen mit Safransahne
Buchtipp:
Apfelsinen für Mister Orange von Truus Matti ist ein Buch Kinder ab 10 Jahren. Leider gibt es dieses Buch zur Zeit nur gebraucht (z.B. bei Medimops).
1943: Der 13-jährige Linus lebt mit seiner Familie in New York. Seine Eltern führen einen Obst- und Gemüseladen, und als sein großer Bruder Albert in den Krieg ziehen muss, übernimmt Linus dessen Aufgaben. Mit einem Karren streift er durch die Straßen Manhattans und liefert Bestellungen aus. Alle zwei Wochen liefert er eine Kiste an einen Maler, dessen Namen keiner so richtig verstanden hat. So tauft er ihn Mister Orange.
In dessen Wohnung ist alles so anders. Alles ist weiß, hell, einfach und klar, dennoch aber nicht ungemütlich. An den Wänden hängen Bilder mit Quadraten und Rechtecken. Rot, Blau, Gelb – “die Farben der Zukunft” erklärt Mister Orange Linus.
Es geht um die eigene Fantasie, den Kriegseinsatz junger Amerikaner im Zweiten Weltkrieg und die persönliche Entwicklung eines Dreizehnjährigen. Dass es sich bei Mister Orange um Piet Mondrian handelt, der 1940 ins Exil nach New York ging, wird dem erwachsenen Leser schnell klar. Durch Mondrian lernt der Junge etwas über den Rhythmus der Kunst, des Lebens und die Macht der eigenen Vorstellungskraft.
Ein wunderbares Buch – besonders zum gemeinsamen Lesen mit Kindern!
Da ist er, der langersehnte neue Beitrag!
Ich kann nicht backen und mir fehlt die Zeit für aufwendige Rezepte – aber die Fotos, die Gedichte – also das Gesamtpaket – hebt die Stimmung, ist interessant und mit Blutorangen lässt sich vielleicht auch etwas einfaches zaubern… ich überlege und bin herrlich inspiriert.
Herzlichen Dank für die wundervolle Vitaminspritze!
Liebe Judith, es freut mich so sehr, dass ich Sie mit meinen Bildern und Texten inspirieren kann. Wie schön! Wenn Sie die Blutorangen einfach auspressen und den herrlichen Saft genießen oder die Früchte schälen und die Fruchtspalten z.B. mit Griechischem Joghurt anrichten, ist es auch schon recht köstlich. Es lohnt sich, die Zeit zu nutzen, denn Blutorangen sind einfach so lecker. Herzliche Grüße! Larissa Wasserziehr
Das klingt (liest) einfach göttlich. Und so schön vorgestellt. (habe mir Deinen Bericht zum Färben mit Avocado angeschaut, der Tipp mit dem Einfrieren der Schale ist super, ich musste Schalen schon mehrfach wegwerfen.)
Danke und liebe Grüße
nina
Liebe Nina, wie schön, dass Dir meine Beiträge gefallen. Das freut mich sehr, vielen Dank! Ich habe gesehen, dass Du auch einen schönen Blog hast und werde gleich noch einmal “rüber hüpfen”.
Liebe Grüße
Larissa