Raus aus der Grauzone! Es ist Sommer! Zeit für Eyecatcher im Ethno-Stil, die unser Fernweh stillen. Zeit für Taschen, so bunt wie das Leben, mit viel Platz für unsere Sommerträume. XL-Taschen aus Waxprints. Das sind farbenfrohe Baumwollstoffe, deren Muster durch aufwendigen Batikdruck entstehen. In Afrika tragen Frauen und Männer die Wax-Stoffe als Tücher oder als geschneiderte Kleidungsstücke.
Holländer brachten im späten 16. Jahrhundert die javanische Batik aus Indonesien nach Europa. Ende des 19. Jahrhunderts begann man in Holland mit der Produktion von Waxprints und verkaufte diese vor allem nach Westafrika. Dort gehören die bunt gemusterten Waxprints zu den beliebtesten Stoffen. Sie sind fester Bestandteil sowohl des alltäglichen als auch des kulturellen und zeremoniellen Lebens geworden. Oft erzählen die Muster eine Geschichte oder tragen Botschaften in sich.
Neben afrikanischen Produzenten gibt es noch heute die traditionellen Produktionsstätten in den Niederlanden. Daher stammen auch die Waxprints, aus denen ich meine XL-Taschen genäht habe.
Warum WAXprints?
Der Name “Waxprints” leitet sich aus dem Herstellungsverfahren der Stoffe ab. Durch Auftragen von Bienenwachs oder Harz werden Muster auf die gewebten Stoffe aufgebracht. Beim anschließenden Färben bleiben diese Stellen frei, man nennt das Reservefärbung. Anschließend wird das Gewebe gewaschen und das Wachs entfernt. Um verschiedene Farben zu erhalten, kann dieser Vorgang mehrmals wiederholt werden. Durch kleine Risse und Blasen, die im Wachs entstehen können, bilden sich unvorhersehbare feine Linien oder Bläschenmuster auf dem Stoff, die das eigentliche Muster nochmal bereichern. So hat jede Stoffbahn eine ganz eigene Anmutung.
Besonders schön finde ich, dass das Muster und die Farbbrillanz bei dieser Technik auf beiden Seiten des Stoffes gleichermaßen zu sehen ist.
Ursprünglich dauerte es sehr lange, die Stoffbahnen in Handarbeit herzustellen. Mittlerweile werden die Stoffe maschinell bedruckt.
Ein Fest der Farben und Muster
Ich habe die leuchtenden Stoffe auf einem Markt in Hamburg entdeckt. Die Muster fallen auf! Dem Sog an Farben, Mustern und Eindrücken kann man kaum entgehen. Die Stoffe sind hinreißend lebendig. Genau richtig für große, unkomplizierte Taschen, die wir für einen Tag am Strand, ein Picknick auf der Wiese, einen Bummel durch die Stadt oder ein Yogawochenende packen können. Bei der Mustervielfalt ist es gar nicht so leicht, sich zu entscheiden. Ich habe mir drei Waxprints herausgepickt.
Waxprints: weltoffen, optimistisch und fröhlich
Der Grundschnitt der Tasche ist einfach und kann durch fantasievolle Details ergänzt werden. Fransenborten, Zierbordüren, aufbügelbare Schriftzüge, Perlen oder Pailletten. Hier sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Ich verwende gerne Vintagestoffe für diese kleinen Projekte. Ein Stück meiner alten Lieblingsjeans, ein Rest Leinen von einem Sesselbezug.
Für die erste Tasche habe ich ein Stück einer alten Jeans rechteckig zugeschnitten, die Kanten ausgefranst und mit einem Schriftzug versehen. Die nächste Tasche habe ich mit einer leuchtenden Fransenborte versehen. So entstehen kunterbunte Unikate. Eine Tasche macht zwar noch keinen Sommer – aber eine tragende Rolle kann sie trotzdem spielen!
Waxprint-Taschen
Der Stoff liegt ca. 120 cm breit. Ich habe für jede Tasche 2 m Stoff gekauft und den Stoff zuvor gewaschen und gebügelt.
Zuschnitt inkl. 1 cm Nahtzugabe:
4 x Frontteil à 50 cm x 45 cm
4 x Seitenteil à 15 cm x 45 cm
2 x Boden à 15 cm x 50 cm
2 x Taschenhenkel à 12 cm x 80 cm
Maße der fertigen Tasche: ca. 48 cm breit, 43 cm hoch und 13 cm tief
Material:
Passendes Nähgarn, Stecknadeln, Nähmaschine
… und nach Lust und Laune: Paspelband, Zierborten, Fransenborten, Pailletten, Bügel-Flickstoff aus Baumwolle für Schriftzüge, Vintagestoffe (z.B. von einer alten Jeans, ein Rest Leinen)
Und so gehts:
Es werden zwei Taschenbeutel genäht. Die eine dient später als Innenfutter.
1. Die Seitenteile rechts auf rechts an die kurzen Kanten des Frontteils legen, zusammenstecken und 1 cm vom Rand steppen. Nun das zweite Frontteil an die anderen Kanten der Seitenteile rechts auf rechts stecken und ebenfalls absteppen. Die Nähte auseinanderbügeln. Jetzt haben wir eine Tasche ohne Boden, die rechte Stoffseite liegt innen. Wer Paspelband mit einarbeiten möchte, muss es mit der geschlossenen Kante nach innen zwischen Frontteil und Seitenteil mit feststecken. Je nach Breite des Paspelbandes nur 0,5 cm vom Rand steppen.
Der Boden wird nun ebenfalls mit der rechten Stoffseite innen an die untere Öffnung gesteckt und 0,5 cm vom Rand rundherum abgesteppt. Dabei immer nur von einer bis zur nächsten Ecke steppen und stets so, dass die Nahtenden aneinanderstoßen.
Genauso wird der nächste Taschenbeutel genäht.
2. Für die Taschenhenkel werden beide Stoffstreifen jeweils rechts auf rechts längs zusammengeklappt und 1 cm vom Rand zusammengesteppt. Die Naht mit dem Fingernagel auseinanderstreichen. Nun die entstandenen Schläuche umstülpen, sodass die rechte Stoffseite außen liegt und die Naht an der Seite. Die Henkel bügeln und nochmal je 0,5 cm von beiden Rändern absteppen.
Jetzt der fantasievolle Part…
3. Wollen wir die Taschenfronten verzieren, müssen wir das nun tun. Borten oder Fransenkanten können an beliebigen Stellen festgesteckt und aufgenäht werden. Aus Bügel-Flickstoff habe ich Buchstaben ausgeschnitten und auf die Taschenfront aufgebügelt. Alternativ können wir sie auf ein Stück Jeansstoff bügeln und mit Pailletten besticken. Das beschriftete Jeansstück wird dann auf die Taschenfront gesteppt.
Sind die Fronten fertig verziert, kann die Futtertasche eingenäht werden.
4. Dazu die oberen Kanten beider Taschen ca. 2 cm umbügeln (links auf links). Die Futtertasche nun in die Außentasche stecken (links auf links, so dass man außen und innen die rechte Seite des Stoffes sieht).
An den Enden der Taschenhenkel jeweils eine Markierungslinie 3 cm vom Rand einzeichnen.
Die umgebügelten Kanten der Innen- und Außentasche nun exakt aufeinanderstecken. Dabei jeweils ca. 11 cm vom Rand die Taschenhenkel zwischen Futter- und Außentasche feststecken (Markierungslinie auf Kante). Die Kante 0.5 cm vom Rand absteppen.
Die Henkel noch einmal mit einer zusätzlichen Naht fixieren.
Die Anleitung mit Skizzen und Bildern zum Ausdrucken gibt es hier!
Na, Lust bekommen? Es bereitet gute Laune, mit den Waxprints zu arbeiten. Im selben Stil könnten wir farbstarke Kissenhüllen nähen – toll z.B.für die Terrasse. Wir könnten den Sitzpolstern unserer Stühle einen frischen Look verpassen.
Lassen Sie uns den Sommer feiern! Egal ob zu Hause oder irgendwo anders auf der Welt. Die Tasche für meine Sommerträume kann gar nicht groß genug sein. Und wie geht es Ihnen?
Wenn du gehen kannst,
kannst du auch tanzen.
Wenn du reden kannst,
kannst du auch singen.
Wenn du denken kannst,
kannst du auch träumen.Aus Afrika
Und wo bekommt man Waxprints?
Normalerweise werden Waxprints in 12 yards „full piece“ (ca. 11 m) oder 6 yards „half piece“ (ca. 5,5 m) verkauft. Aber manchmal bekommt man sie auch per Meter.
Die wohl schönsten Stoffe gibt es beim Traditionsunternehmen Vlisco aus Helmond/Niederlande. Ein Besuch auf der Homepage lohnt sich. Sie ist so bunt und kreativ! Besonders unter der Rubrik Fashion Inspiration.
www.vlisco.com
- Leder-Kurzwaren.de (Stoffe auch meterweise, online oder auf Märkten in Hamburg)
- Highlife Fabrics (Vlisco, Julius Holland Wax, Hitarget & Mitex Wax)
Buchempfehlung:
WAX – die Farbe Afrikas von Anne-Marie Bouttiaux, Gerstenberg Verlag.
Die interessante Kulturgeschichte der Waxprints in einem wunderschönen Einband. Die Anthropologin und Kunsthistorikerin Anne-Marie Bouttiaux erklärt die Entstehung und Bedeutung der knallbunten Baumwollstoffe. Woher stammt diese Batiktechnik, wie hat sie sich entwickelt, und wie haben die Wax-Stoffe ihren Platz in der afrikanischen Kultur eingenommen? Welche Rolle spielte die Kolonialisierung und welche Probleme entstehen durch die Globalisierung? Die schön bebilderte, vielschichtige Betrachtung regt zum Nachdenken an und zeigt besondere Aspekte und Bedeutungen von Farben und Mustern auf.
Ein Buch für alle, die gerne über den Tellerrand schauen und die Lust haben, die Geschichte hinter den Dingen kennenzulernen.
192 Seiten, Hardcover, übersetzt von Julia Pavian Nunes, ca. 32 Euro.
Hotel-Tipp:
Wie wir die Waxprints im Interieur einsetzen können, macht uns das 25hours Hotel “Terminus Nord” in Paris vor. Die einladenden Zimmer des zentral am Gare du Nord liegenden Hotels sind üppig mit Tagesdecken und Kissen aus Wax-Stoffen gestaltet. Ich finde diesen eklektischen Look sehr kreativ und inspirierend.
Aus einigen Zimmern hat man einen fantastischen Blick auf die neoklassizistische Fassade des Gare du Nord und die Basilika Sacré-Cœur de Montmartre. Wer mag, kann sich eines der hoteleigenen E‑Bikes leihen und die Stadt der Liebe auf dem Rücken eines Drahtesels erkunden. Ich finde, das klingt auch nach so einem Sommertraum… also ab damit in die Tasche!
25hours Hotel Terminus Nord Paris
12 Boulevard de Derain
75010 Paris
www.25hours-hotels.com/hotels/paris/terminus-nord
Streaming-Tipps:
Das Haus Christian Dior hat für die Cruise-Kollektion 2020 diese traditionelle Färbemethode aufgegriffen und in Kooperation mit dem Was-Hersteller Unifax von der Elfenbeinküste eine Kollektion aus Waxprints gezeigt. Ich habe Ihnen hier einmal zwei sehenswerte und inspirierende YouTube-Videos dazu verlinkt:
Wer einen Einblick in die Wax-Print-Produktion bekommen möchte, kann sich dieses YouTube-Video anschauen: UNIWAX – Manufacturing of African Fabric
Weitere Kreativthemen auf dem Blog:
- Blütezeit: Ledertaschen mit Perlblumen (siehe Foto)
- Jeansrecycling – Hippietasche
- DIY: Leinenschürze – in Blau gebadet
- DIY: Streifen – frisch aufgetragen