Wissen Sie, was mir in diesen Zeiten oft hilft, nicht allzu trübsinnig zu werden? Die Begeisterungsfähigkeit meiner Kinder. Sie sitzen so da und plötzlich haben sie eine Idee, der sie sich mit kindlichem Enthusiasmus widmen. Sie machen einfach. Angetrieben von Leidenschaft und Fantasie, gehen sie ihre Projekte an, sind offen für alles und entwickeln eine unglaublich positive Energie.
Ich finde diese Begeisterungsfähigkeit fantastisch und ich habe mich anstecken lassen. Mich hat der beginnende Frühling zu einem farbenfrohen Kreativprojekt inspiriert: Aus Lederresten, alten Jeans und bunten Rocailleperlen habe ich kleine Ledertaschen mit funkelnden Stoffblüten hergestellt.
Farbe bekennen
Ich finde, der Frühling ist die beste Zeit, Neues auszuprobieren. Die Natur atmet auf und packt langsam ihre Farben aus. Überall sprießt es und scheinbar aus dem Nichts entstehen fantasievolle kleine Wunderwerke. Es beginnt die Zeit der Blumen und Düfte, der Vögel, Schmetterlinge und Bienen. Jedes Jahr wieder fasziniert mich die erwachende Natur. Eben noch dominierten die stillen Farben, doch bald schon ist alles in hoffnungsvolles Bunt getaucht. Ich freue mich darauf!
Wind betört uns
sinnliche Düfte
das Meer glitzert
mit tausend Perlen bestickt
der Himmel zaubert
ein magisches Leuchten
wir geben uns ganz
diesem Augenblick
hinHans-Christoph Neubert (1958 – 2011), deutscher Aphoristiker und Lyriker
- Blumen inspirieren zu wunderschönen Farbkombinationen
- Auch in botanischen Büchern findet man spannende Anregungen
In neuem Glanz
Wie schön, für ein DIY-Projekt Material nutzen zu können, das sonst vielleicht in den Müll gewandert wäre. Ich bewahre immer einige aufgetragenen Jeans auf. Der Stoff ist von stabiler Qualität und eigentlich unverwüstlich.
Für meine Ledertaschen habe ich üppige Stoffblüten aus den abgetrennten Hosenbeinen gefertigt, verziert mit einem bestickten Medaillon aus bunten Perlen.
Ob für Schmuck, für Visiten- oder Kreditkarten, fürs Handy oder die Powerbank – so ein blumiges Ledertäschchen ist immer eine schöne Begleitung.
Wie das perlt!
Gegen Alltagsgrau hilft ein bißchen Glitzer! Sie glauben gar nicht, wieviel Spaß es macht, die kleinen bunten Mittelpunkte der Stoffblumen mit Perlen zu besticken. Immer neue Farbkombinationen, immer neue Muster. Das stimmt wirklich fröhlich! Gehen Sie einfach mit offenen Augen durch die Natur, einen Garten oder Park. Lassen Sie die Farbkompositionen auf sich wirken und verwandeln Sie sie in kleine Stickbilder oder bunte Farbmuster. Die Perlen funkeln in der Frühlingssonne und die Laune steigt.
“(…) es geht auch ums Nichtdenken. Wir brauchen alle immer mal wieder Beschäftigungen, die uns eine Pause von uns selbst gönnen.”
(Zitat des Glöckners Arthur Knight aus dem Roman “Violet” von Tracy Chevalier, S. 263, siehe Buchempfehlung unten)
Beim Handarbeiten geht es um reine Freude, man braucht nur etwas Zeit und Muße. Wunderschöne Kleinigkeiten aus der eigenen Manufaktur – das klingt doch gut, oder? Und mit der Handarbeit leisten wir einen kleinen Widerstand gegen die Leere, das Trübe, das Sinnlose, die Zerstreutheit. Es tut einfach gut, so vor sich hin zu werkeln. Ruhe und Konzentration machen den Kopf frei – und plötzlich hält man ein hübsches Ergebnis in den Händen. Na, bekommen Sie Lust?
Ledertaschen mit Perlblumen – die Anleitung
Material:
- Leder (z.B. in DIN A4), weich, ca. 2mm stark (gibt es z.B. bei shop.leder-kurzwaren.de)
- festes Polyestergarn in der passenden Farbe
- Lederkleber
- Ledernadel für die Nähmaschine
- Magnetverschlüsse (gibt es z.B. bei snaply.de oder bei pepilinchen.de) oder Knopfnieten (gibt es z.B. bei leder-hobby.de)
- bei Verwendung der Knopfniete ist eine Lochzange nötig
- Jeansstoff (ca. 40 – 60 cm lang und 7 cm breit), je nachdem, wie groß man die Blüte haben möchte. Kleiner oder größer geht natürlich auch!
- eventuell Stoffmalfarbe
- Filz (ca. 3 mm dick)
- Rocailleperlen, Pailletten, etc.
- Perlnadeln (sie sind sehr schlank, damit sie durch die kleinen Löcher der Perlen passen)
- Spitze Sticknadel
- eventuell bunte Webbänder (ich habe sehr hübsches gewebtes Inkaband aus Peru gefunden: www.pinklama.de)
Anleitung:
Ledertasche
Das Leder nach dem Schnittmuster (siehe Foto) zuschneiden. Die Größe lässt sich natürlich beliebig variieren. Ich habe eine etwas größere Ledertasche genäht und eine kleine Tasche für Visitenkarten.
An den Markierungen die Magnetverschlüsse anbringen. Hierfür mit den Metalllaschen der Verschlüsse Markierungen ins Leder drücken und mit dem Cutter kleine Schlitze schneiden. Die Metalllaschen hindurchstecken, das Gegenstück aufstecken und die Laschen zur Seite biegen. Aus Leder ein passendes Quadrat schneiden und von hinten auf den Verschluss an der Taschenfront kleben (es liegt später im Inneren der Tasche und ist nicht zu sehen). Der Verschluss am Taschendeckel wird später durch die Blüte verdeckt.
Haben Sie eine Knopfniete gewählt, wird diese durch ein Loch in der Taschenfront mit dem Gegenstück verschraubt. Achtung: das Loch darf nur knapp den Durchmesser der Schraube haben, damit sie schön fest sitzt. In den Taschendeckel wird nun ein ebenso großes Loch gestanzt und mit dem Cutter ein kleiner Schlitz nach oben geschnitten. So passt die Knopfniete hindurch.
Die Seiten mit Lederkleber zusammenkleben und mit Klammern fixieren. Trocknen lassen. Nun die Seiten jeweils ca. 5 mm vom Rand mit der Nähmaschine zusammensteppen (man kann das kurze Stück auch mit der Hand nähen, hierzu finden Sie hier eine Anleitung).
Nun ist die Tasche schon fertig.

Das Perlenmuster kann auch auf einen Kreuzstichstoff gestickt werden. Anschließend mit 2 mm Rand ausschneiden und auf den Filz aufnähen. Die Kanten mit weiteren Perlen besticken.
Perlenmedaillon
Aus dem Filz Kreise mit ca. 4 cm Durchmesser schneiden. Die Kreise nun mit den Rocailleperlen besticken. Die Perlen können einzeln aufgenäht werden, oder Sie ziehen mehrere Perlen auf den Faden und fixieren die Perlenschnur dann mit einigen Stichen.
Die Kante des Medaillons mit zwei Perlen pro Stich von unten nach oben bedecken.
Übrigens: Sehr schöne Vintage-Perlenmedaillons (Kuchi-Tribalmedaillons) aus Pakistan oder Afghanistan gibt es bei hier.
Stoffblüten
Eine Schablone nach dem Schnittmuster (siehe Foto) herstellen. Die Schablonen auf den Stoff auflegen und die Form übertragen. Ausschneiden. Für einige Blüten habe ich die Blütenblätter mit Stoffmalfarbe gefärbt, betupft oder bestempelt.
Mit einer Nadel einen Faden in je ca. 1 cm langen Stichen durch die Blütenblättergirlande ziehen. Die Blütenblätter auf dem Faden raffen, bis eine runde Blüte entsteht. Mit dem Faden die Blüte mit einigen Stichen fixieren und das Perlenmedaillon in die Mitte nähen.
Jetzt kann die Blüte mit einigen Stichen (am besten mit einer spitzen Sticknadel) auf der Ledertasche fixiert werden. Die Stiche sollten klein sein, damit sie an der Unterseite des Taschendeckels so wenig wie möglich zu sehen sind.
Bei einigen Taschen habe ich auf die Stoffblüte verzichtet und das Perlenmedaillon mit bunten Webbändern auf die Ledertasche genäht. Hier sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt!
Übrigens: Sitzt die Blüte seitlich am Taschendeckel, habe ich eine Knopfniete als Verschluss gewählt.
Perlenmedaillon mit Fransen
Hierfür habe ich einen Ring aus Pappe geschnitten (etwas größer als das Perlenmedaillon). Der Ring wird nun mit Wolle oder Stickgarn umwickelt, sodass die Pappe nicht mehr sichtbar ist. Erinnern Sie sich? Früher haben wir so Pompons hergestellt. Die Fäden an der kleineren Öffnung mit Garn zusammennähen. An der äußeren Kante die Wolle aufschneiden, den Pappring entfernen und den Fransenkranz von unten mit einigen Handstichen gegen das Perlenmedaillon nähen.
“Die schönsten, angenehmsten Tage sind nicht die, an denen großartige, aufregende Dinge passieren, sondern die mit den einfachen, netten Augenblicken, die sich aneinanderreihen wie Perlen auf einer Schnur.”
Lucy Maud Montgomery (1874 – 1942), kanadische Schriftstellerin (“Anne of Green Gables”)
Buchempfehlung:
“Violet” von Tracy Chevalier, übersetzt von Anne Radermacher, 352 Seiten, Atlantik Verlag.
Parallel zu meiner Arbeit an den Stickblüten habe ich diesen Roman gerne gelesen.
Die 38 jährige Violet Speedwell lebt im England der 30er Jahre. Ihr geliebter Bruder und ihr Verlobter sind auf den Schlachtfeldern des 1. Weltkrieges gefallen. Als alleinstehende Frau hat sie den Ehrgeiz, auf eigenen Füßen zu stehen. Die Alternative, bei ihrer verbitterten, nörgelnden Mutter zu leben, kommt für die selbstbewusste junge Frau nicht in Frage.
Farbe und Sinnlichkeit bekommt ihr Leben, als sie in der Kathedrale von Winchester wunderschöne Stickarbeiten entdeckt und sich den Stickerinnen von Winchester anschließt. Die Gruppe der teils sehr eigenwilligen Frauen um Louisa Pesel stickt mit großer Hingabe Kissen für das Chorgestühl der Kathedrale (die Dame hat es tatsächlich gegeben, so wie auch die bestickten Knie- und Sitzkissen in der Kathedrale).
Der Gedanke, etwas Bleibendes zu schaffen, spornt die junge Frau an. Dabei schließt sie wahre Freundschaften, lernt mit ihren schwerwiegenden Verlusten zu leben und spürt eine ungewöhnliche Bande zwischen sich und einem der Glöckner der Kathedrale – dem verheirateten, deutlich älteren Arthur Knight…
Ich mochte die Charaktere in diesem Buch sehr und hatte viele wunderschöne Bilder im Kopf.
“Violet” ist ein zartes Buch, eine leise Liebesgeschichte, die Geschichte eines Neuanfangs. Violets Leben ist nicht spektakulär und doch war es mir eine Freude, die junge emanzipierte Frau kennenzulernen und mit ihr die Schönheit des Stickens und die Ästhetik des Glockenläutens zu entdecken. Die Geschichte zeigt, dass die Leidenschaft für etwas uns Menschen hilft, zuversichtlich nach vorne zu blicken. Ein wunderbares Buch für einen Sonntagnachmittag!
Tipps:
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