Oder ein ‘A’, ein uraltes riesiges ‘B’, ein neonbeleuchtetes ‘L’ oder vielleicht ein vergoldetes ’n’?
Die Bedeutung von Buchstaben wurde uns bereits im Kleinkindalter vermittelt. Zum Sprechen, Lesen und Schreiben – unverzichtbar. Den Blick für die besondere und manchmal einzigartige Darstellung der Buchstaben entwickelt man etwas später. Geschwungene und verschlungene, lange und schlanke, runde und eckige – artenreich sind die verschiedenen “Figuren” der Lettern.
Doch dann gibt es da noch eine besondere Art von Buchstaben. Die von der Straße. Die hartgesottenen. Weil sie da sind, wo das Leben tobt, vor den Geschäften, Bars, Cafés, Hotels und Restaurants. Diese stillen Zeitzeugen an den Häuserfassaden. Buchstaben, die unablässig ihre Botschaft aussenden, während der Lauf der Geschichte an ihnen vorüberzieht. Und so überstanden die einen die Wirren des Zweiten Weltkrieges, unter anderen flanierten Damen in Petticoats entlang und wieder andere wurden sogar von den Blicken der Beatles erfasst – wer weiß das schon so genau…?
Zeitlos schön!
Und deswegen schaffen es die kleinen und großen Buchstaben, die Herzen einiger Menschen zu erobern, ja sogar wahre Leidenschaften zu wecken.
Sabine und Yves Freundt haben ein besonders großes Herz für diese stillen Zeitzeugen. Seit 2003 sammelt das Paar Buchstaben jeder Couleur. Über 2000 große und kleine Exemplare befinden sich in ihrem Lager in Hamburg. Ergänzt durch Vintage-Leuchtreklamen hat das Paar eine bemerkenswerte Sammlung zusammengetragen, die sie über ihren Onlineshop und bei Lagerverkäufen veräußern oder für Fotoshootings und Filmaufnahmen verleihen.

Sabine und Yves Freundt in ihrem Buchstabenlager in Hamburg

Ein mit Blattgold vergoldetes ’n’ aus massivem Stahlguss aus den 50er Jahren.

Kleine Messingbuchstaben regen die Fantasie kreativer DIY-Fans an…

Die Leuchtreklame eines ehemaligen Regenschirmgeschäftes in Wien.

Ein Kirmes-Buchstabe mit vielen, vielen Glühbirnen…

Ziemlich groß und tief, das kleine ‘a’. Toll z.B. als Unterbau für einen Tisch oder eine Bar…
Warum vor allem Buchstaben?
“Alles fing in Kopenhagen an”, berichtet Sabine Freundt, “bei einem Städtetripp haben wir uns in zwei tolle Vintage-Buchstaben verliebt. Ein ‘S’ und ein ‘Y’. Beide schmücken bei uns zuhause seitdem die Wand, und viele mehr sind hinzugekommen.”
Die Skandinavier nutzten damals schon lange Buchstaben als Deko-Objekte. An der Wand, auf dem Sideboard, im Regal. In Deutschland hingegen hatten noch nicht so viele den dekorativen Wert der Vintage-Lettern erkannt. Von der Sammelleidenschaft gepackt, suchte Yves Freundt Stadt und Land nach Buchstaben ab. Ausrangierte, vergessene, nutzlose. “Einige habe ich selber abmontiert, was teilweise gar nicht so einfach war”, erzählt er mir. “Besonders schön sind oft die Geschichten, die uns die Besitzer zu den Buchstaben erzählen”.
Sind die Lettern doch als Botschafter einer Marke Zeugen von Hoffnung, Erfolg und Fall eines Geschäftes oder einer Unternehmung.
“Unser großes Glück war, dass wir eines Tages vom Nachlassverwalter eines Buchstabensammlers aus Wien kontaktiert wurden und einen großen Teil seiner Sammlung mit 700 Buchstaben bekommen haben”, erzählt Sabine Freundt begeistert.
Mittlerweile füllen auch niederländische Schokoladengussformen, Kirmesbuchstaben mit unzähligen Glühbirnen, Buchstabenschablonen, Drucklettern aus Holz und neue Buchstaben und Zeichen aus der Eigenproduktion der Freundts das Lager.

Kirmes-Schriftzug. Mit Glühbirnen zu beleuchten.

Buchstaben und Zeichen aus der Eigenproduktion der Freundts

Bei den Freundts zuhause: Ein Anker aus ihrer Eigenproduktion verleiht dem Vintage-Sekretär aus Eiche maritimes Flair (Foto: Julia Keltsch).
Großer Beliebtheit erfreuen sich die Neonschriftzüge und ‑buchstaben. Mir war zuvor nicht bewusst, welches alte Handwerk hinter diesen illuminierten Lettern steht. Seit Beginn des vergangenen Jahrhunderts werden Neonbuchstaben in präziser Detailarbeit hergestellt. Mundgeblasene, dünne Röhren, in denen das Edelgas Neon statt eines Glühfadens durch Stromzufuhr zum Leuchten gebracht wird.
Bei den Freundts werden die Buchstaben gereinigt und wieder auf Vordermann gebracht. “Ist eine Neonröhre beschädigt, kann ein Neonglasbläser das kaputte Stück erneuern und die alte Schrift wieder herstellen”, so Yves Freundt. Glücklicherweise gibt es noch einige wenige Meister dieser Zunft – werden doch die Neonreklamen mehr und mehr von modernen LED-Tafeln verdrängt.

Eine Neon-Krone, die einst über einem Hamburger Café thronte.
Was für die einen nur ausrangierte Buchstaben sind, sind für andere wahre Schätze. Privatleute, die mit einzelnen Buchstaben ihr Interieur bereichern oder ganz individuelle Buchstabenkombinationen an die Wand bringen. Aber auch Geschäfts‑, Hotel- und Restaurantinhaber wissen um die besonders dekorative Wirkung der Lettern. Wortschöpfungen, Zitate, Sinnsprüche – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Buchstabenwolke an der Wohnzimmerwand der Freundts (Foto: Julia Keltsch)

Yves Freundt hat die Qual der Wahl – welche der unzähligen Buchstaben passen optimal zusammen?

Im Arbeitszimmer von Sabine und Yves Freundt.
Mich hat der Besuch im Buchstaben-Lager sehr inspiriert. Bereits auf dem Heimweg musterte mein Blick jedes Geschäft und seine Beschriftung. Ich sehe die Schriftzüge nun mit anderen Augen und verliere mich gerne in den Geschichten, die sie erzählen könnten.
Ich mag sie, diese Buchstaben von der Straße…
Kontakt:
Sabine und Yves Freundt, “Freundts – Vintage Buchstaben und schöne Dinge”
www.freundts.de
Mehr Inspiration:

Ein Vintage Apotheken‑A lehnt lässig an der Wand unter einem gewebten Wandbild (von Kaufrausch, Hamburg-Eppendorf).
Weitere Dekorationsideen mit Vintage-Buchstaben gibt es hier.
Wer Buchstaben liebt, wird vielleicht auch die alten Stickschablonen zu schätzen wissen. Mehr dazu hier.
Mein Papa hat eine große Sammlung von Leuchtreklamen. Er hat sie schon lange gesammelt. Ich glaube, als die Reklamen noch nicht Vintage waren. Unser Wohnraum siehst mit den Leuchtreklamen wie New York aus.
Oh, das klingt spannend! Dann hat er ja mittlerweile einen richtigen Sammlerschatz. Und wenn die Reklamen sogar noch funktionieren und leuchten, ist es ja besonders spannend. Ich wünsche Euch weiter viel Freude in Euerem “kleinen New York”, viele Grüße! Larissa Wasserziehr