Es gibt viele gute Gründe, einen Hut zu tragen – warum tun es nur so wenige? Hüte werden oft da als Requisit eingesetzt, wo es witzig oder cool werden soll. Klar, setz einem kugelrunden Mann eine Melone auf und alle fangen an zu grölen. Und wenn ein Kerl in Jeans und Karohemd einen Cowboyhut trägt, rufen ihm alle fröhlich “Howdy” entgegen.
Der Hut – noch bis in die 60er Jahre ein Mode-Accessoire, das einfach dazugehörte – wirkt heute auf viele von uns wie eine Verkleidung. Wir bewundern Hüte vielleicht in Filmen, und trägt mal eine charismatische Person einen Hut, denken wir: “Wow!” Aber das reicht offensichtlich nicht, um den Hut mit einer gewissen Ernsthaftigkeit und Selbstverständlichkeit in unsere Garderobe zu integrieren. Oder doch?
Kann ein guter Hut nicht dafür sorgen, dass wir besser aussehen? Uns besser fühlen? Ein Hut, der so gut zu uns passt, dass er wie das i‑Tüpfelchen unsere Persönlichkeit krönt. Natürlich müssen wir mit einem Hut den Kopf oben tragen. Ein Hut braucht Haltung und Persönlichkeit – auch, weil wir mit Hut in den Fokus rücken.
Und es darf natürlich nicht irgendein Hut sein. Es sollte ein Hut von tadelloser Form und tadelloser Qualität sein.
Rotkäppchen designs.
Ich habe die Modistenmeisterin Ulla Anna Machalett in ihrem Hutatelier Rotkäppchen designs. im Karolinenviertel in Hamburg besucht. Sie trauert nicht den “guten alten Zeiten” des Hutes nach. Ihr ist es eine Freude, den Hut abseits von Konventionen und Modediktat zu sehen. Heute ist das Tragen eines Hutes mehr Ausdruck einer Stimmungslage als eine Frage der Etikette. Vielleicht birgt der Hut für jüngere Generationen wieder den Reiz des Neuen? Eine frische, sehr vielseitige Möglichkeit der Selbstdarstellung.
Nach dem Motto: Nicht die Erwartungshaltung erfüllen, sondern überraschen!
Ulla Machalett hat unter anderem auch ganz junge Kunden. “Ich freue mich sehr über junge Leute, die mein Handwerk zu schätzen wissen. Einige sparen ihr Taschengeld für einen meiner Hüte. Ich empfinde das als großes Kompliment!” berichtet sie.
Ein Hut, ein Statement
Bei Rotkäppchen designs. gibt es alle Arten von Hüten, Kappen und Mützen. Wundervolle Phantasieschöpfungen für besondere Anlässe, aber eben auch – und darauf liegt mein Augenmerk – diese Hüte, die man nicht mehr loslassen möchte, angelehnt an klassische Herrenhüte wie den Trilby oder den Fedora. Schmeichler aus weichem Hutfilz, längst keine reine Männersache mehr. Hüte, die man aufsetzen möchte, nicht, weil man sich herausputzen will, sondern weil sie einfach so schön sind. Unkomplizierte Hüte, über die man sich nicht den Kopf zerbrechen muss.
Sind diese Hüte en vogue? “Ja, diese schlichten Filzhüte mit minimalistischer Dekoration – vielleicht einer kleinen Pointe – sind gefragt”, erklärt Ulla Machalett, “sie sind vielfältig zu kombinieren, passen zu allem und setzen das Gesicht positiv und interessant in Szene.”
“Ach ja”, werden viele denken, “aber mir stehen Hüte nicht. Mein Kopf ist zu groß, zu klein, zu rund oder zu eckig.”
Was sagt die Expertin dazu? “Mir ist eine gute Beratung sehr wichtig”, betont die Modistin, “ein Hut muss perfekt passen und mit der Form des Gesichtes harmonieren. Der Kunde soll mit seinem Hut glücklich werden, ihn wirklich gerne tragen. Ganz in Ruhe, mit kompetenter, ehrlicher Beratung findet jeder einen passenden Hut.”
Zeit, Arbeit, Sorgfalt und Leidenschaft, die in jeder einzelnen Kopfbedeckung stecken, machen sie so luxuriös. “Die Hüte sollen meine Kunden lange begleiten”, wünscht sich Ulla Machalett.
Wahre Liebe
So ein Lieblingsstück entdecke ich in der Werkstatt der Modistin. Ein Kunde hat es zum Überarbeiten vorbeigebracht. “Das finde ich fantastisch! Wenn ein Hut mit Gebrauchsspuren zu mir zurückkommt, kann ich ihn wieder in Form bringen. Das ist das Schöne an qualitativ hochwertigen Hüten. Man kann sie reparieren, neu anpassen, ja sogar verändern. Sie entwickeln sich mit uns, vielleicht kommt eine neue Dekoration hinzu. Alles ist möglich!”, so Ulla Machalett.
Altes Handwerk neu gedacht
Mit 15 Jahren hat sie den Entschluss gefasst, Modistin zu werden. Eine Dokumentation im Fernsehen hat ihr Interesse geweckt. “Ich war ein kreatives Kind, konnte meine Hände nicht stillhalten, musste ständig werkeln und basteln.”
Das Modisten-Handwerk, das heute das des Hutmachers mit umfasst (Hutmacher erstellten früher die Form, Modisten sorgten für den Schmuck), existiert gefühlt schon ewig, aber die Utensilien und Maschinen haben sich kaum weiterentwickelt. Das wichtigste Werkzeug? Die Hände! Solides Handwerk statt Hightech. Genäht wird bei Rotkäppchen designs. an Pfaff-Nähmaschinen aus den 60er Jahren. Der Hutweiter stammt aus den 30er Jahren und die kleine Maschine aus New York zum Nähen von Strohhüten ist etwa 100 Jahre alt.
Das heißt aber nicht, dass sich nichts tut in der Hut-Szene. Ulla Machalett fährt regelmäßig zur “London Hat Week”, besucht spannende Kurse, bildet sich weiter, ist wach und neugierig. “Es gibt neue Materialien, mit denen innovative, sehr interessante Designs möglich werden”, erzählt sie.
Wissen weitergeben
Es gibt eine lange Tradition des Handwerks, die Weitergabe von Fähigkeiten ist so wichtig, damit diese nicht verloren gehen. Ulla Machalett bildet in ihrem Hutatelier aus. Gerade hat eine junge Auszubildende die Lehre bei ihr begonnen. Natalie Uhl ist motiviert und sehr begeistert von den schönen Hüten, die ihre Meisterin kreiert. 3 Lehrjahre wird es dauern, bis sie alle Tricks und Kniffe von Ulla Machalett gelernt hat. “Ich habe Betriebswirtschaft studiert und gemerkt, dass ich lieber etwas Kreatives, etwas mit den Händen machen möchte”, erzählt mir Natalie.
Sie schneidet den Stoff für eine Kappe zu, hinter ihr biegen sich die Regale unter unzähligen hölzernen Hutformen. Laut Handwerkskammer gibt es in Hamburg zwei Auszubildende zum Modisten. Nicht viel, aber das Interesse an Ausbildungsplätzen ist da. “Ich hatte mehrere Anfragen, auch schon für 2022”, lacht Ulla Machalett. Gerne gibt sie ihr Wissen weiter.
Mehr Mut zum Hut
Kann es in Zeiten des “Downdressings” eine echte Renaissance des Hutes geben? Ich denke ja! Wir könnten heute alles tragen, ein strenges Modediktat gibt es nicht. Ein Hut kann Looks komplett verändern. Wäre das nicht Grund genug, noch mutiger und schöpferischer zu agieren? Klar, was nicht auffällt, kann auch beim Betrachter nicht durchfallen. Aber: Seien wir doch etwas mutiger!
Ulla Machalett kann die Modewelt nicht auf den Kopf stellen, aber mit den Kreationen, die sie aus ihrem Hut zaubert, verleiht sie Köpfen Stil, Klasse und Individualität.
Einen Hut trägt man am besten mit Selbstbewusstsein und einem Lächeln!
Rotkäppchen designs.
Modistenmeisterin Ulla Anna Machalett
Glashüttenstraße 102
20357 Hamburg
Telefon: 040–88 14 53 64
8 Gründe, die eindeutig für das Tragen von Hüten sprechen:
- Ein Hut schützt vor Regen und Sonne.
- Unter einem Hut bleibt die Frisur, anders als unter einer Mütze, in Form.
- Mit einem Hut lassen sich Outfits einfach aufwerten. Ein guter Hut hat einfach Klasse!
- Auch Haare, die mal nicht so sitzen, können unter einem Hut einfach versteckt werden.
- Mit Hüten kann man seinen Stil sehr individuell gestalten. Und irgendwann hat sich unser Umfeld daran gewöhnt…
- Unter einem Hut mit breiterer Krempe kann man sich an “schlechten Tagen” einfach mal verkrümeln…
- Ein Hut verleiht einem Größe. Er schummelt locker einige Zentimeter hinzu.
- Es gibt so tolle, wunderschöne Hüte! Glücklicherweise gibt es Hutmacher/Modisten, die wundervolle, sehr schmeichelnde Hutmodelle maßfertigen und ihre Kunden gut beim Kauf beraten.
Lust selber kreativ zu werden? Hier gehts zu den DIY-Ansteckblüten mit Fransen