“Mit den Händen sehen, mit den Augen fühlen.”
Johann Wolfgang von Goethe
Was haben handgearbeitete Keramikbecher, Waffelpiqué-Handtücher und handgeschöpftes Papier gemeinsam? Genau, man muss sie nur anschauen und kann sie schon fühlen.
Manchmal sind es solche Dinge, die kleinen Augenblicken Tiefe verleihen, man spürt sie und entgeht für einen Moment dem Überfluss an visuellen Reizen und der Flut an Kurzbotschaften. Ich finde Produkte fantastisch, die mehrere unserer Sinne ansprechen.
Die Körperlichkeit, das Begreifbare, die Haptik werden hoffentlich niemals an Bedeutung verlieren. Viel zu oft nehmen die Augen am Bildschirm den Händen die Arbeit ab. Dabei tut es so gut, sich mit den Händen zu vergewissern, dass die Welt noch real ist. Es liegt doch in unserer Natur, Dinge zu begreifen, etwas fassen zu können.
Haptik – Sinn und Sinnlichkeit
In eine sinnlich erfahrbare Welt gehören für mich unbedingt Werkstoffe und Handwerksberufe. Handwerklich gefertigte Produkte aus Naturmaterialien, wie z.B. Holz, Naturfasern oder Ton geben uns Halt. Authentizität ist gefragt – und wo finden wir sie mehr als bei handgearbeiteten Produkten? Solche Produkte begeistern uns oft mit Funktion, Langlebigkeit und Ästhetik.
Alltag kann so schön sein
Ich möchte Ihnen einige Produkte vorstellen, deren Haptik und Optik mich immer wieder begeistern. Keramik von Tina Kami, weiche Waffelpiqué-Handtücher von blomus und handgeschöpftes Papier. Eigentlich ist es eine kleine Liebeserklärung an Gebrauchsgegenstände, die das Zeug dazu haben, so ganz nebenbei unsere Herzen zu berühren…
Keramik von Tina Kami
Es war Liebe auf den ersten Blick! Ich habe nur Bilder der Becher, Teller und Schalen von Tina Kami gesehen und konnte sie bereits mit den Augen fühlen. Dann habe ich die Hamburger Keramikerin besucht.
Von der Natur inspiriert, fertigt sie für ihr Label Uglyduckly wunderschönes Geschirr, Vasen und Löffel – natürlich alltagstauglich. Die Sonne blinzelt in das helle Atelier, das in einem alten Industriegebäude am Billbrookkanal liegt. Der raue Charme passt irgendwie zu den Töpferwaren von Tina Kami. Das Atelier ist geflutet von kreativem Spirit. All ihre Arbeiten sind von Hand modelliert. Aus der Oberfläche des Materials spricht die Persönlichkeit der Handwerkerin, die es bearbeitet hat. „Ich mag es zu experimentieren, mit verschiedenen Tonarten und Glasuren”, erzählt mir Tina. Manches erwächst aus Tinas Liebe zur japanischen Wabi Sabi-Kultur und natürlich aus der Liebe zum Material.
Wabi Sabi – Schönheit im Unvollkommenen finden.
Das irdene Geschirr in den Regalen möchte benutzt werden, ist nicht nur fürs Auge gemacht, darf sogar in die Spülmaschine. Es ist schön, mit den Fingern über das Material zu streifen…
Ein haptischer Hochgenuss
Tina Kami hat es schon immer gemocht, mit den Händen zu arbeiten. Sie zeigt mir die verschiedenen Arbeitsschritte, von unterschiedlich farbigen Tonsorten in Eimern bis zu fertigen rustikalen Geschirrteilen, die Begehren wecken.
Ruhe und Geduld sind gefragt im Umgang mit Ton. Eine Langsamkeit, die beruhigt. Ich mag die Details, die aus Kleinem Großes machen. Ich mag die optischen Brüche, die die Fantasie anregen und die subtile Farbigkeit. Alles passt zusammen: Der dunkle Ton, die weiße Glasur, das Raue, das Glatte, diese Ursprünglichkeit und das Grobe, das doch so leicht wirkt in den Händen.
Ich möchte zwei Becher mit nach Hause nehmen, kann mich nicht entscheiden. „Jedes Stück ist anders”, lacht Tina und öffnet den Brennofen, in dem frische Ware abkühlt. Noch mehr Auswahl – aber mein Blick fällt auf zwei Becher aus der Serie “Glossy Grip”. Dunkler Ton, weiß lasiert. Tiefe Rillen, wo die Hände ihn greifen. Die sollen es sein!
Tinas Ästhetik lädt zur Berührung ein…touchiert die Sinne.
Weitere Informationen, auch zu Kursen und Workshops:
Uglyduckly
Atelier Tina Kami
Liebigstr. 2–20
22113 Hamburg-Billbrook
Auf Tuchfühlung: Waffelpiqué
Waffelpiqué hat mich schon immer fasziniert. Das durch die spezielle Webart entstehende Waffelmuster hat eine angenehme Haptik. Das Licht ist Verbündeter dieses Stoffes, setzt es doch die Waffelstruktur so einzigartig in Szene.
Waffelpiqué ist saugstark, leicht und trocknet schnell. Ein Handtuch hat ständig Körperkontakt. Sollte es da nicht eine Freude sein zuzugreifen?
Reine Gefühlssache
Ich schätze diese Waffelpiqué-Handtücher aus der Serie Caro sehr. Die Handtücher sind aus reiner Baumwolle und fühlen sich herrlich an. Besonders gefallen mir die natürlichen Farben, die jedem Ambiente schmeicheln.
Die Handtücher werden von dem 1961 gegründeten Familienunternehmen blomus aus dem nordrhein-westfälischen Sundern produziert. Familie Blome konzentriert sich – von Leidenschaft geleitet – auf authentische Materialien, Qualität und Handwerkskunst. Das Ergebnis: zeitlos schöne Produkte.
Wie gut, wenn ein Unternehmen es schafft, Traditionsbewusstsein mit neuen zukunftsweisenden Ideen zu verbinden. Steckt doch in der Tradition soviel Potential für die Zukunft…
“Kennt man seine Vergangenheit nicht,
verliert man sich in der Zukunft.”
Willo Blome, Geschäftsführer
Onlineshop, Händlerverzeichnis und weitere Informationen:
blomus GmbH
Zur Hubertushalle 4
59846 Sundern
Weitere sehr schöne Waffelpiqué-Handtücher, auch aus reinem Leinen oder einem Leinen-Baumwoll-Mix, bekommen Sie bei
- Urbanara
- Torquato
- Sehr hochwertige, schöne Waffelpiqué-Handtücher aus traditioneller japanischer Herstellung aus der Kollektion von KENKAWAI gibt es im RAUM concept store
Schöne Schöpfung: Papier
Ich habe immer etwas handgeschöpftes Papier im Hause. Die Haptik ist einfach besonders… Es ist weich und die Unregelmäßigkeiten der Oberfläche stimulieren den Tastsinn. Karten für einen kleinen Gruß oder eine Einladung, kleine Geschenkanhänger, Briefbögen oder als kleines Büchlein – handgeschöpftes Papier regt die Fantasie an und ist von lyrischer Zartheit.
Fotos, Gedanken, Gartennotizen – in einem Skizzenbüchlein mit handgeschöpftem Papier lassen sich vielerlei wichtige oder inspirierende Gedanken und Notizen festhalten. Vielleicht ein schönes Mitbringsel für einen Botaniker oder Vogelkundler?
Jedes Blatt Papier hat eine eigene Oberfläche, einen eigenen Charakter. Für das Papier, das ich gerne verwende, werden ungebleichte Baumwollreste in Form von langen Fasern verwendet. Das Papier wird in Handarbeit nach einer 2000 Jahre alten Tradition aus der Bütte geschöpft.
Es lässt sich mit Finelinern oder Pinselstiften gut beschriften. Toll ist auch ein Notenlinienschreiber mit fünf parallelen Minen. Lieblingsmelodien oder Ständchen lassen sich damit einfach auf das handgeschöpfte Papier bringen – so entsteht eine schöne Überraschungskarte!
Moulin-Zeichenbücher, fadengebunden mit Büttenrandpapier. Verschiedene Größen (DIN A 6, DIN A5, DIN A 4)
Moulin-Sammelmappe mit 10 Bogen Bütten-Aquarellpapier 170 g/m², 10 x 15 cm. Der Umschlag enthält Fasern des Zuckerrohrs.
Beides gibt es z.B. bei Boesner
Der Notenlinienschreiber “Josef Siggemann Noligraph” ist in Musikhäusern oder online z.B. hier erhältlich.
Ich hoffe, ich konnte die Poesie der Haptik ein wenig begreifbar machen… wenigstens für Ihre Augen!
In der Hoffnung, dass die Zukunft auch weiterhin von Menschenhand und viel Kreativität geprägt sein wird, verbleibe ich bis zum nächsten Mal…
Ihre Larissa Wasserziehr
Übrigens … wenn ein geliebter Keramikbecher einmal zerbricht, können Sie ihn mit einem Kintsugi-Kit wieder wunderbar reparieren. Hier geht es zur Anleitung…
Hallo Larissa, oooohhhhhh wie schön hast du das gezaubert! Ich bin absolut begeistert! So schöne Fotos habe ich schon lange nicht mehr gesehen.…ich freue, mich sehr die Keramik und mein Atelier aus einem anderen Blickwinkel zu sehen! Vielen Dank! Das habe ich gar nicht erwartet und jetzt bin ich hin und weg! allerliebste Grüße Tina
Liebe Tina, ach wie schön, es freut mich sehr, dass Dir die Bilder und der Beitrag gefallen! Es war so inspirierend bei Dir im Atelier…schön, dass ich Dich überraschen konnte. Herzliche Grüße! Larissa
Ein toller Bericht und bezaubernde Fotos von der schönen Keramik der Künstlerin Tina Kami. Ich finde ihren Stil und ihre Formensprache, obwohl sie oft Nachahmung findet, ganz eigen, unverkennbar und sehr schön!
Es gefällt mir sehr, wie Sie über die Haptik sprechen…es ist so schön, Dinge in die Hand zu nehmen und sie zu spüren. Keramik, Textilien, Papier, Pflanzen, Steine…es ist eine Offenbarung sie in den Händen zu halten!
Ganz herzlichen Dank für die freundlichen Worte! Ja, Sie haben völlig recht. Es ist so wichtig, die Schönheit der Dinge nicht nur über die Augen wahrzunehmen. Gerade habe ich einen schönen Satz in einem Roman gelesen, in dem eine der Hauptfiguren erblindet ist und mit den Händen sammelt, befühlt, probiert…: “Etwas wirklich zu berühren,…,ist eine Form von Liebe.” (Anthony Doerr, “Alles Licht, das wir nicht sehen”). Viele Grüße! Larissa Wasserziehr