Aus dem Ofen strömt ein betörender Duft. Manchmal wird meine Küche zum Atelier, zu einem Ort der Inspiration. Kennen Sie das? Man kann sich herrlich in Gedanken verlieren, experimentieren und Neues entsteht. Das Mischen von Farben, Formen und Aromen versetzt mich nahezu in Verzückung. Manchmal wird mir bewusst, wieviel Erfahrung und Wissen hinter vielen Rezepten stehen – das ist doch beeindruckend. Und ist es nicht fantastisch, aus welcher Fülle an Obst, Gemüse und Kräutern wir schöpfen können?
Diesmal komponiere ich Früchte – Erdbeeren, Brombeeren und Aprikosen – mit frischen Kräutern vom Wochenmarkt. Lavendel, blühenden Thymian, Zitronenthymian und Orangenschale. Dazu flüssigen Honig und bunten Pfeffer. Alles zusammen wird im Ofen zu einem Festival der Aromen.
Neben mir ein altes Rezeptbuch mit Eselsohren und Flecken. Ein Kompliment für so ein Rezeptbuch, oder? Die Seite mit dem Rezept für Brandteig ist aufgeschlagen. Es soll Windbeutel geben. Ich finde, die kleinen luftigen Hügel passen mit ihrer leichten Attitüde so gut in diese Jahreszeit!
Der Hügel
Wie wundersam ist doch ein Hügel,
der sich ans Herz der Sonne legt,
indes des Winds gehaltner Flügel
des Gipfels Gräser leicht bewegt.Mit buntem Faltertanz durchwebt sich,
von wilden Bienen singt die Luft,
und aus der warmen Erde hebt sich
ein süßer hingegebner Duft.Christian Morgenstern
Wie das duftet!
Durch die offene Küchentür dringt das Konzert der Singvögel, es riecht nach frisch gemähtem Gras und Rosen. Auf dem Tisch eine große Schale Erdbeeren. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer – aber wenn die Erdbeeren reif sind, dann ist es wohl soweit. Ich liebe Erdbeeren, und mit dem unwiderstehlichen Aroma der Aprikosen und der Brombeeren harmonieren sie perfekt. Ein bisschen süß, ein bisschen sauer und ganz viel Geschmack – ein kleiner Sonnenaufgang auf der Zunge.
Wenn ich Glück habe, bleiben auch noch ein paar Beeren für meine Windbeutel über… Immer wieder schleichen kleine Geister in die Küche und stibitzen die süßen Früchte. Ich kann das so gut verstehen. Ich habe als Kind oft Erdbeeren von einem Hof in der Nähe holen müssen. Bestimmt ein Drittel der Früchte in meinem Fahrradkorb schaffte es nicht bis nach Hause. Und ich hatte wahrscheinlich einen verräterischen Erdbeermund…
So schmeckt der Sommer
Die luftigen Windbeutel fülle ich mit den duftenden Früchten aus dem Ofen und einer Vanille-Ricotta-Sahne. Neugierig lugt mein Mann in die Küche. Er ist ein Fan von Windbeuteln. Meine neue Kreation kennt er noch nicht – ob er sie mögen wird?
Im Ofen (die Tür darf auf keinen Fall geöffnet werden!) pusten sich die Windbeutel in die Höhe. Jeder ist einzigartig, und erst nach dem Füllen und Dekorieren schwingt sich das Spritzgebäck zu wahrer Schönheit auf.

Orangenabrieb gibt besonders den Brombeeren ein tolles Aroma.
Ich mache die Windbeutel gerne etwas größer, damit ich sie ordentlich füllen kann. Dann ist es allerdings ratsam, sie mit Messer und Gabel zu servieren. Die Zutaten für den Brandteig hat man eigentlich im Hause. Mehl, Stärke, Butter, Eier, Zucker, Salz und Wasser – mehr braucht man nicht. Oft ist es die Einfachheit, die diese klassischen Rezepte so fantastisch macht. Und manchmal bleiben eben diese Rezepte nachhaltiger in Erinnerung als das raffinierteste Menü in einem Restaurant.

Etwas frischgemahlener bunter Pfeffer – das Tüpfelchen auf dem i.
Aber nun zum Rezept für die Windbeutel:
Zutaten für ca. 8 große Windbeutel:
Ofen-Früchte:
- Erdbeeren
- Aprikosen
- Brombeeren
- flüssiger Honig
- getrockneter und/oder frischer Lavendel
- Thymian
- Zitronenthymian
- Abrieb einer Bio-Orange
- bunter Pfeffer
Windbeutel:
- 250 ml Wasser
- 50 g Butter
- Prise Salz
- 1 EL Zucker
- 150 g Mehl
- 30 g Stärke (ca. 3 schwach gehäufte EL)
- 4–6 Eier
- 1 gestrichener Teelöffel Backpulver
Füllung:
- 200 g Schlagsahne
- 1 Pk. Sahnesteif
- 200 g Ricotta
- ca. 50 g Zucker
- Vanillemark oder Vanillezucker
Zubereitung:
Ofen (Ober‑,Unterhitze) auf 200° C vorheizen.
Die Früchte waschen, Aprikosen entsteinen, Erdbeeren und Aprikosen etwas kleinschneiden. Alles auf einem Backblech oder in einer Auflaufform verteilen. Die Früchte mit flüssigem Honig beträufeln und den Orangenabrieb darübergeben. Thymian und Lavendelblüten abzupfen und dazugeben. Zwei Lavendelzweige auf die Früchte legen. Zum Abschluss die Früchte mit etwas gemahlenen bunten Pfeffer würzen.
Das Blech für 15 Minuten in den Ofen schieben.
Windbeutel:
Das Wasser mit der Butter, dem Salz und dem Zucker in einen Topf geben und aufkochen lassen. Das Mehl und die Stärke mischen und unter Rühren hinzugeben. Kräftig rühren, bis ein glatter Kloß entsteht und diesen ca. 1 Minute unter Rühren “abbrennen” (den Kloß im heißen Topf hin und her bewegen, so dass am Boden des Topfes eine dünne weiße Haut entsteht.).
Den Kloß in eine Schüssel geben und dann die Eier einzeln unterrühren, bis der Teig schön glänzt und so vom Löffel reißt, dass lange Spitzen entstehen. Zum Schluss das Backpulver unter den erkalteten Teig rühren.
Nun mit zwei Löffeln oder einem Spritzbeutel Windbeutel auf das mit Backpapier belegte Blech setzen. Die Windbeutel bei 230° C (Ober‑, Unterhitze) für 15 ‑25 Minuten backen. Auf keinen Fall den Ofen öffnen! Sonst fallen die Windbeutel zusammen.
Die Windbeutel gleich nach dem Backen aufschneiden und abkühlen lassen.
Ricotta-Sahne:
Die Sahne mit Sahnesteif schlagen. Ricotta mit Vanille mischen und den Ricotta vorsichtig unter die Sahne heben.
Die Windbeutel mit den Ofenfrüchten füllen, auch ein wenig von dem köstlichen Saft hinzugeben, der entstanden ist. Die Ricotta-Sahne mit einem Löffel oder dem Spritzbeutel aufspritzen und die Windbeutelspitze obenauf setzen.
Eventuell mit feinem Puderzuckerschnee bestreuen.

Die Walderdbeeren sind hübsch als Dekoration.
Tipp:
Die Ofenfrüchte passen auch ganz hervorragend zu Ziegenkäse und Salat!
Dazu einfach Scheiben der Ziegenkäserolle üppig mit “Kräutern der Provence” und “Rosa Pfefferkörnern” bestreuen und neben die Ofenfrüchte auf das Backblech setzen.
Radicchio- und Chicoreeblätter waschen und auf Tellern anrichten mit einem Dressing aus frisch gepresstem Orangensaft, einem Schuss Balsamico, Olivenöl, Pfeffer und Salz überträufeln. Den warmen Ziegenkäse auf den Salat setzen und die Ofenfrüchte mit dem herrlichen Saft hinzufügen.
Das schmeckt so köstlich!
Übrigens, der hübsche Keramikteller ist von Tina Kami. Einen Beitrag über die Keramikerin finden Sie hier.
Eine Aprikosen-Tarte mit Thymian ist auch schnell gebacken. Schauen Sie doch mal hier…