Manchmal entstehen die großen Ideen aus den kleinen Alltagssituationen.
Meine elfjährigen Söhne waren auf der Suche nach einem Geburtstagsgeschenk für ihre große Schwester. Sie wollten etwas kaufen, Duschschaum oder so. “Macht doch lieber etwas selber”, schlug ich vor. Aber was? Vielleicht ein Stofftier? “Das können wir doch nicht selbermachen!” kam es wie aus einem Munde. Aber da halte ich es mit Pippi Langstrumpf:
“Das haben wir noch nie probiert, also geht es sicher gut.”
Wir haben Stoffreste, Wollreste, etwas Füllwolle, Nadel, Faden und Stickgarn. Mehr braucht man nicht, um einen kleinen Gefährten aus Stoff selber zu nähen. Ach doch – natürlich einen Entwurf! Meine Söhne zeichnen Tiere. Einfache Formen eignen sich gut für unser Projekt und lassen der Fantasie viel Spielraum.
Von der Zeichnung zum Stofftier
Wir übertragen die Silhouette mit 1 cm Nahtzugabe auf ein doppelt gelegtes Stück Leinen. Meine Jungs zweifeln – noch nie haben sie etwas genäht. Aber das lasse ich nicht gelten, man muss es einfach mal probieren!
Perfektion ist nicht wichtig, wohl aber die Fantasie und Leidenschaft, mit der so ein kleines Stofftier gefertigt wird!
Jetzt ausschneiden. Damit die Stoffstücke beim Ausschneiden nicht verrutschen, steckt man sie am besten mit Stecknadeln zusammen. Schnipp Schnapp – schon liegt ein ausgeschnittener Bär vor uns. Mit Stickgarn und einer Sticknadel verpassen wir dem Tierchen ein Gesicht. Von unten einstechen, von oben wieder zurück und so weiter. Ich zeige meinen Jungs, wie man mit ganz einfachen Stickstichen Augen, Nase und Mund auf den Kopf stickt. Keine Angst – gerade ein schiefes Gesicht ist ein süßes Gesicht! Die Jungs sind begeistert – so ein Gesicht verleiht einem Stofftier irgendwie eine Seele.
Nun legen wir die Stoffstücke rechts auf rechts, stecken sie wieder zusammen und beginnen mit der Handnaht. Wie man das Nähgarn in die Nadel einfädelt, ist schnell gezeigt und –glauben Sie mir – die Kinder mit ihren scharfen Augen sehen die kleine Öse besser als wir. Am Ende des Fadens einen Knoten, und schon sind wir startklar.
Steppstich mit der Hand
Wir wählen den festen Steppstich. Genäht wird von rechts nach links, 1 cm vom Rand entfernt. Die Nadel wird eingestochen und nach circa 5 mm wieder ausgestochen. Nun 3 mm hinter dem Ausstich wieder einstechen und nach doppelter Stichlänge ausstechen. (Ich verlinke hier einmal eine hilfreiche YouTube-Anleitung, bei der man den Steppstich sehr gut nachvollziehen kann.)
So wird das Tierchen Stich für Stich umrundet. Die Kinder bekommen schnell raus, wie der einfache Stich funktioniert. Seitlich am Bauch (oder oben auf dem Kopf, wenn das Tier Mähne bekommt) wird ein ca. 5–6 cm langes Stück offen gelassen. Durch die Öffnung wird der Stoff nachher gewendet.
Natürlich kann man die Naht auch mit der Nähmaschine schließen, aber für Kinder ist es vielleicht zu schwer, ganz kleine Rundungen und Formen zu umnähen. Einfache Formen laden hingegen dazu ein, Kindern den Umgang mit der Nähmaschine zu zeigen.
Mit einer kleinen Schere schneiden wir an den Rundungen die Nahtzugabe bis knapp (1–2 mm) vor die Naht ein, damit nach dem Wenden keine unschönen Knubbel entstehen. Auch hier noch mal ein Link zu einem hilfreichen Video)
Jetzt kommt der spannende Moment: wir wenden den Stoff, stülpen die “gute Seite” nach außen, zupfen alles zurecht und füllen die Hülle mit Füllwatte. Abschließend wird das letzte Stück offene Naht mit dem Staffierstich (siehe hier) unsichtbar geschlossen.
Stofftiere – kleine Gefährten fürs Herz
Toll, wie das Stofftier jetzt schon aussieht. Nun kann man noch Haare, Mähne, einen Schwanz oder Ohren anbringen. Einfach Wollstücke mit Nähgarn an den entsprechenden Stellen festnähen – so, dass es süß aussieht. Einen Schwanz kann man gut flechten und dann annähen.
Meine Jungs sind begeistert, wie süß die ersten Tiere geworden sind. Für ihre Schwester haben sie einen Bären in Gemeinschaftsarbeit gefertigt und hätten ihn am liebsten selber behalten. Und das zeichnet gute Geschenke ja bekanntlich aus! Natürlich hat sich die große Schwester sehr gefreut!
Noch ein Stofftier!
Von der Motivation gepackt, haben die Kinder noch mehr Entwürfe gezeichnet, und wir haben uns eine kleine Herde weicher Gefährten genäht. Jogi der Löwe mit üppiger Wollmähne (die Wollstücke doppelt nehmen und mit Nähgarn am Kopf festnähen), der gefährliche Hai Schnuffi aus Papas alter Jeans, Oktopus Haar-Peter aus Leinen (meine Kinder sind sicher: der ist bestimmt riesiger HSV-Fan!), das freche Monster Kriemhild und das weiße Elefantenmädchen Roselinde.
Ich finde die selbstgemachte Tierbande bezaubernd und hatte selber viel Spaß dabei. Ob als kleines Geschenk oder einfach als Mitbringsel – diese Stofftiere, denen Kinderzeichnungen zu Grunde liegen, haben einen ganz besonderen Charme. Und es ist immer wieder faszinierend zu sehen, wie begeistert Kinder sind, wenn sie selber schöpferisch tätig werden.
Empfehlungen:
Na, auf den Geschmack gekommen? Hier noch ein paar Tipps für kreative Tierfreunde…
“Edwards freche Tierparade – 40 kuschelweiche Häkelfreunde”
Das Buch der Britin Kerry Lord ist einfach wunderbar! Die deutsche Ausgabe ist bereits 2014 erschienen – ich habe das Buch aber erst jetzt entdeckt und möchte es hier unbedingt empfehlen. Es hat mich sofort bezaubert. Alle 40 Häkeltiere sind so niedlich! Gemeinsam mit meinen Kindern habe ich die lustigen Beschreibungen von Emma, der Häsin, Bridget, der Elefantin, Seamus, dem Alpaka und all den anderen drolligen Tierchen gelesen.
Meine Kinder haben sich auf den ersten Blick in all die Tiere aus Alpakawolle verliebt. Die Anleitungen sind gut aufgebaut und in drei Schwierigkeits-Stufen eingeteilt. Stufe 1 eignet sich für Anfänger, Techniken sind im Buch erklärt. Bauch und Beine der Tiere werden meist nach einem Grundprinzip gefertigt. Kopf, Mähne, Ohren und Schwänze sind natürlich bei jedem Tier anders. Und auch für Kinder sind besonders die leichten Anleitungen auf jeden Fall machbar.
Beim Durchblättern des Buches möchte man sich sofort die Häkelnadel schnappen und loslegen.
So ein kleines Tierchen ist ein ganz persönliches Mitbringsel oder Geschenk – nicht nur für Kinder.
Mein geheimer Favorit: Blake, der zottelige Orang-Utan!
“Edwards freche Tierparade” von Kerry Lord ist im Topp-Verlag erschienen.
…und noch ein Buch:
“Ich kann nicht zeichnen…” Diesen Satz höre ich immer wieder von Kindern und Erwachsenen. Dabei helfen manchmal schon ganz einfache Tipps.
“Wie wir zeichnen was wir zeichnen”
von E. G. Lutz ist 1913 erstmals in Großbritannien unter dem Titel “WHAT TO DRAW and HOW TO DRAW IT” erschienen. Der Knesebeck-Verlag hat das Buch neu aufgelegt. Das Ergebnis: ein richtig hübsches Buch mit genialen Tricks. Schwierige Formen werden auf einfache Linien reduziert und dann immer weiter ergänzt – und so kann sogar jemand mit zwei linken Händen plötzlich einen kunstvollen Fisch, einen fliegenden Vogel oder gar einen Herrn mit Zylinder zeichnen. Ich habe es mit meinem Mann getestet… das Ergebnis ist beeindruckend! Es macht wirklich Spaß, die Schritt für Schritt-Anleitungen von E. G. Lutz nachzuzeichnen.
Ein nostalgisches, aber zeitloses Buch für Klein und Groß. Ein echter Hand- und Augenschmeichler!
“Wie wir zeichnen was wir zeichnen” von E. G. Lutz ist im Knesebeck-Verlag erschienen.
…und wo wir schon dabei sind:
Da gibt es noch ein Buch, das die Lust weckt, einen Bleistift zu Hand zu nehmen und ein paar Zeichenversuche zu starten:
“WIR ZEICHNEN TIERE” von Ann Davidow ist erstmals 1960 unter dem Titel “Let’s draw animals” erschienen. Ich nehme das Buch immer wieder gern zur Hand, um den Kindern an Hand von ganz einfachen Schritt-für-Schritt-Anleitungen zu zeigen, wie man Tiere zeichnen kann. Die Beispiele sollen Mut machen – auch denjenigen, die vielleicht immer geglaubt haben, sie seien völlig untalentiert. Es ist spannend zu sehen, wie Mäuse, Pferde, Schafe, Löwen und viele mehr aus wenigen Strichen entstehen können.
Das besondere an diesem Buch sind die amüsanten Verse, die James Krüss dazu geschrieben hat. Mit seinen Reimen nimmt er uns an die Hand durch die liebenswerte Zeichenschule im Retro-Look.
“Wir zeichnen Tiere” von Ann H. Davidow mit Versen von James Krüss ist im Boje-Verlag erschienen.
Noch mehr Kreatives auf dem Blog?
Tierskulpturen aus Pappmaché lassen sich auch toll mit Kindern fertigen. Mehr dazu gibts hier oder hier.