Wer kennt das nicht: ein Haus oder eine Wohnung ist nie fertig. Immer wieder hat man Ideen für Veränderungen. Immer wieder fallen einem kleine Accessoires ein, mit denen man seine Umgebung noch schöner oder einfach mal anders gestalten könnte. Wandfarben ändern sich, Möbel werden ausgetauscht, ein neues Bild kommt hinzu. Vielleicht wagt man sich an eine besondere Tapete… Experimentierfreude und auch Fehler gehören dazu. Unser Interieur wandelt sich mit uns, und genau das ist doch eigentlich gerade so spannend.
Die besten Inspirationen finde ich, wenn ich einfach so herumstreife, beobachte, den Blick flanieren lasse, Bücher wälze. So wird Begeisterung geweckt, Ideen entstehen und nehmen Gestalt an.
Zuletzt bin ich immer wieder an einem der wohl beliebtesten Muster hängen geblieben: Streifen!
Kleine Streifzüge
Überall tauchen sie auf. In der Natur, in der Mode, als Schatten an der Wand. Meine Blicke sammeln Streifen. Ein frisch gepflügter Acker, der Schatten eines Gartentores, das Gefieder eines Vogels, die Blätter einer Pflanze, der wunderschöne Rock meiner Schwägerin, der in schwarzen und weißen Streifen um ihre Beine schwingt.
Streifen sind so besonders – wir können uns ihrer Wirkung nicht entziehen. Das Auge wandert die Linien entlang – sie ziehen das Interesse auf sich.
Streifen im Interieur
Streifen können einem Raum Charakter verleihen. Schon ein Kissen, ein Tischläufer, ein Teppich oder gar ein gestreifter Krug mit Blumen können einen spannenden Akzent setzen. Streifen – mit einer gewissen Unbekümmertheit eingesetzt – sind sehr anpassungsfähig. Sie können klassisch, formell, sympathisch verspielt oder nostalgisch anmuten. Lässig gezogen wirken Streifen rustikal und eigensinnig. Auch das mag ich sehr.
Linienführung
Ich möchte Ihnen zwei Möglichkeiten zeigen, wie Sie mit Streifen ganz einfach gestalten können.
Zum einen habe ich exakte Streifen an die Wände eines kleinen Gäste-WCs gemalt und so aus diesem winzigen Raum einen zwar immer noch winzigen, aber besonderen Raum geschaffen. Gerade für einen solchen kleinen Raum eignen sich aufgemalte Streifen sehr gut, da der Aufwand überschaubar, aber die Wirkung umso eindrucksvoller ist.
Zum anderen habe ich alte französische Getreidesäcke aus grobem handgewebtem Naturleinen mit schwarzer Textilfarbe in gestreifte Tischläufer und Kissen verwandelt. Die grafische Wirkung des Musters harmoniert ganz wunderbar mit der Patina des gealterten Leinens.
Streifen – handgemalt
Das Streifenmuster haucht dem alten Leinen neues Leben ein, respektiert aber gleichzeitig seine Geschichte. Flicken, Verfärbungen und gestopfte Stellen im Stoff, die ich sehr charmant finde, bleiben sichtbar.
Bevor man das Leinen bemalt, muss es unbedingt gewaschen werden.
Ich habe mit dicken alten Pinseln und mit einem feinen Pinsel gearbeitet. Die Streifen auf dem Tischläufer sind frei Hand gemalt. Hierbei ist wichtig, dass man sich vorher eine grobe Anordnung der Streifen auf dem Stoffstück überlegt.
Ich habe die Farbe nicht immer deckend aufgetragen, was ein schön rustikales Design ergibt.
Klebt man die Kanten der Streifen auf dem Stoff mit Malerkrepp ab, werden die Kanten der Streifen klarer. So habe ich es mit einer Kissenhülle gemacht, die ich ganz einfach aus einem kleinen Leinensack genäht habe. Ist die Kissenhülle bereits genäht, sollte man eine Pappe oder Ähnliches zwischen die beiden Stoffschichten legen, da die Textilfarbe sonst durchdrückt.
Wenn die Farbe getrocknet ist, muss sie, je nach Packungsanweisung, fixiert werden. Die meisten Farben lassen sich durch Bügeln fixieren. Danach ist der Stoff (je nach Textilfarbe) bei 40° oder sogar bei 60° waschbar.

Ich habe auch Textilfarbe zum Sprühen ausprobiert. Mir liegen Pinsel aber mehr.
Lichtzauber
Ich finde den Kontrast der schwarzen Streifen auf dem Naturleinen sehr schön. Schwarz und Weiß – Gegensätze , die im Miteinander schöner nicht sein könnten! Besonders mag ich das Lichtspiel, wenn die Sonnenstrahlen durchs Fenster auf den Tisch fallen und die Streifen mit tanzenden Licht- und Schattenpunkten auflösen.
Material:
Altes Leinen oder ähnliche Getreidesäcke, wie ich sie gefunden habe, bekommt man sehr gut auf Antikmärkten oder über eBay und etsy.
Textilfarbe gibt es im Bastelgeschäft oder in unterschiedlich großen Mengen z.B. hier.
Streifenwand als Blickfang
Es muss nicht immer gleich eine Tapete sein. Ist die Wandfläche nicht allzu groß, kann man ein Streifenmuster sehr schön mit Farbe auf die Wand bringen. Es ist leichter, als Sie vielleicht denken.
In meinem Fall ist der Grundton der Wand und der Holzelemente Weiß. Im unteren Drittel der Wand bis zu einer Zierleiste sollen Blockstreifen in einer Kontrastfarbe aufgemalt werden.
Ich habe mich für ein Blau mit einem hohen Schwarzanteil entschieden (“Oval Room Blue” von Farrow & Ball). Ich mag die traditionelle Patina dieser Farbe. Sie passt ganz wunderbar zu unserem alten Haus und zu den honigbraunen Holzdielen.
Lebendig und nie langweilig
Nachdem die Wand im Grundton gestrichen und getrocknet ist, kann man beginnen, die Wandfläche zu vermessen und mithilfe einer Wasserwaage in gleichmäßige Blockstreifen einzuteilen. Einige Markierungspunkte zur Orientierung helfen, die Streifen mit speziellem “Maler-Goldband” für exakte Linien abzugekleben. Anders als bei Malerkrepp unterläuft die Farbe das Maler-Goldband nicht. Bei sehr unebenen Wänden würde ich allerdings empfehlen, die Kanten des Maler-Goldbandes mit der Grundfarbe einmal überzumalen. So werden mögliche Lücken zwischen Wand und Klebeband durch die Farbe geschlossen und die Farbstreifen werden schön gleichmäßig.
Man kann die Streifen je nach Breite mit der Rolle oder einem Pinsel streichen. Sofort nach dem zweiten Farbauftrag, wenn die Farbe noch feucht ist, wird das Maler-Goldband wieder abgelöst. Sollten doch kleine Unregelmäßigkeiten entstanden sein, können diese mit einem feinen Pinsel retuschiert werden.
Abschließend habe ich die Zierleiste und die Fußleiste noch in der Grundfarbe gestrichen.
So schön und einfach
Das Experiment hat mir viel Freude bereitet und ich finde das Ergebnis zauberhaft.
Oberhalb der Zierleiste hängt nun eine kleine Spiegel-Sammlung. Ein netter Effekt entsteht durch die vielen Spiegelungen..
Noch mehr Streifen:
Wunderschöne Streifentapeten, die in traditionellen Druckverfahren hergestellt werden, sind natürlich auch eine fantastische Möglichkeit, Räumen, einzelnen Wänden, Nischen oder vielleicht auch dem Inneren eines Vitrinenschrankes Flair zu verleihen. Hier dürfen wir natürlich auch mal querdenken…

© Farrow & Ball “Block Print Stripe”.

© Farrow & Ball “Chromatic Stripe”. Die Streifen werden in einem traditionellen Druckverfahren mit Farrow & Ball-Farben aufgebracht. Das sorgt für eine wunderbare Haptik.
- © Little Greene “Broad Stripe – Mullion”
- © Little Greene “Ombré Stripe – Lichen Doric”

Streifentapeten kann man längs und quer an die Wand bringen – ein spannender Effekt. © Little Greene “Cavendish Stripe – Brush Blue”.
Übrigens:
Zu den gestreiften Leinendecken passt ganz wunderbar die handgearbeitete Keramik von Tina Kami. Hier habe ich über sie berichtet…
Was man noch mit altem handgewebtem Leinen fertigen kann? Hier kommen Sie zur “Leinenschürze – in Blau gebadet”…
Inspirations-Tipp:
Designer Jasper Conran hat das Thema “Streifen” in seiner Frühjahr-Sommer-Kollektion 2020 so wunderbar interpretiert. Die Kleider aus dieser Kollektion sind außergewöhnlich. Wer einmal schauen mag, bitte hier entlang…
Hinweis: Alle Fotos (mit Ausnahme der gekennzeichneten Bilder von Farrow & Ball und Little Greene) sind wie immer von mir aufgenommen.