Wo können die Gedanken besser schweifen als am Meer? Zu meinem neuen Blogbeitrag haben mich die Sommertage inspiriert, die ich gerade mit meiner Familie an der Nordsee auf der Insel Föhr verbracht habe. Schon lange wollte ich mich mal dem Thema “Buchbinden” widmen. Besonders im Urlaub schätze ich kleine Notizbücher, die Platz für Gedanken, Erlebtes und Entdecktes bieten.
Die Nordsee
Nirgendwo variiert die Stimmung so schnell wie dort. Gegensätze treffen unmittelbar aufeinander. Lieblich schwelgerische Szenerien wechseln sich mit gnadenlosem Grau ab, das alles skizzenhaft erscheinen lässt. Unbarmherzig pfeift der Wind sein wildes Forte, manchmal sein noch wilderes Fortissimo. Die theatralisch wilden Gesten der Natur berühren mich immer wieder. Das Murmeln und Gurgeln des Meeres, als sängen all seine Bewohner einen dramatischen Choral. Und von oben beobachten die zeternden Möwen das furiose Schauspiel.
Und dann kommt die Sonne und der Wind lässt nach. Ein Wundermoment. Piano… Mut zur Stille, zur Fläche, zur Leere ist gefragt. Die Natur ist von angenehmer Schlichtheit. Hier ist nichts übertüncht. Das Relief des Wattenmeeres glitzert und funkelt in der Sonne. Die Luft ist glasklar. Was eben noch schemenhaft im Ungefähren blieb, zeigt sich nun gestochen scharf. Die Zeit scheint still zu stehen und die Friedlichkeit ist greifbar.
Wenn ich abends aus der Idylle des Dorfes mit all seinen reetbedachten Häusern und üppigen Rosensträuchern ans Meer spaziere und dann durch die Dünen trete, bin ich fasziniert. Denn plötzlich wird es einsam und weit – das ist für mich ein unglaublich inspirierender Moment. Das rötliche Licht der Abendsonne färbt die Wattlandschaft rosa. Wind umspielt meine Gedanken und hinterlässt eine Melodie in meinem Herzen, die weiterklingt.
Buchbinden ganz einfach
Solche Eindrücke lassen sich nicht materialisieren, es ist einfach das, was du fühlst. Solche Eindrücke sind das Schwungrad für die Fantasie.
Mich haben sie inspiriert, Notizbücher zu gestalten. Um genau solche Gedanken zu notieren und Eindrücke festhalten zu können. Und Fische sollen die stummen Hüter meiner Worte werden…
Zum Buchbinden habe ich mir das Buchbinde-Kit der traditionsreichen Buchbinderei Mergemeier aus Düsseldorf bestellt, ein Set, in dem alle Materialien enthalten sind, die man braucht und natürlich eine einfache Anleitung. Das Set zum Buchbinden wird ab 9 Jahren empfohlen. Wie toll, dass ich auch gleich meinen Kindern zeigen kann, wie sie sich ein hübsches Notizbuch selbst machen können.
Buchbinde-Kit
Das Set für das Notizbuch (Format 14 x 14 cm) beinhaltet Schmuckpapier und Pappe für den Einband, Büttenpapier, eine Buchbindenadel und Faden, Gewebestreifen, Pinsel und ein Döschen Leim sowie ein Namensschild für das Cover. Ich habe das im Siebdruckverfahren hergestellte Schmuckpapier noch mit selbstgestalteten Fisch-Stempeln (Anleitung weiter unten) und Linolfarbe bedruckt. Und so habe ich nun mein erstes echtes Buch gebunden! Es macht wirklich Spaß, und das Set zum Buchbinden ist übrigens auch ein tolles Geschenk.
Zu bestellen ist das Buchbinde-Kit (ca. 24 Euro) über:
Buchbinderei Mergemeier GmbH
Luisenstraße 7
40215 Düsseldorf
www.mergemeier.net
Telefon +49 (0) 2 11.37 43 96
Notizhefte aus handgeschöpftem Papier
Aus handgeschöpftem Papier und Leinenfaden habe ich zusätzlich noch weitere Notizbücher in einfacher Heftbindung gefertigt und die Heftdeckel mit Fisch-Stempeln bedruckt. Von der besonderen Haptik handgeschöpften Papiers habe ich ja hier bereits geschwärmt.
Die Formen verschiedener Fische können einfach sein. Nur keine Angst vor komplizierten Formen – das gilt nicht! Die besondere Wirkung der Hefte entsteht durch das Zusammenspiel von Material und Drucktechnik. Ich habe mich am Linoldruck orientiert. Es ist einfach und macht großen Spaß! Und die entstandenen Stempel kann man immer wieder benutzen. Für Grußkarten, zum Bedrucken von Geschenkpapier oder sogar zum Bedrucken von Stoff mit Stoffmalfarbe.
Material für ein Notizheft (ca. 15 x 22 cm):
- 10 Bögen handgeschöpftes Zeichenpapier, 110 g/m², A4
- 1 Blatt Aquarellpapier in passender Größe (ich habe Blätter in 25 x 35 cm bekommen, die ich dann auf die passende Heftcovergröße an einem Metalllineal entlang zugerissen habe, damit die Kante den Büttencharme behält). Es sollte rundherum ein, zwei Millimeter überstehen.
- 1 spitze, kräftige Buchbinde- oder Nähnadel
- Zwirn, am schönsten ist Leinenzwirn
Zum Bedrucken:
- Linoldruckfarbe
- Vinyl-Printblock (gibt es in verschiedenen Größen, z.B. 9 x 7 cm oder 15,2 x 9 cm, sie lassen sich gut teilen)
- Linolschnitt-Wegzeug
- Farbwalze
- feinen Pinsel
- eventuell Goldfarbe (z.B. Acryl) für kleine Akzente
- Aquarellfarbe (ich habe Indigo benutzt)
- dicker Aquarellpinsel zum Einfärben des Heftdeckels
An den Materialien und Größen können Sie sich orientieren, natürlich lässt sich so ein Notizheft auch sehr schön aus anderem Papier und in jeder beliebigen Größe herstellen. Gedruckt werden kann auch mit Kartoffeln oder fertigen Stempeln. Hier ist wieder Fantasie und Experimentierfreude gefragt! Alle Materialien bekommt man im Geschäft für Künstlerbedarf.
Anleitung:
Stempel: Mit Bleistift das Motiv auf dem Vinyl-Printblock vorzeichnen. Nun mit dem Linolwerkzeug alle Flächen ausheben, die nicht farbig werden sollen. Es gibt grobe und feine Schnittaufsätze, mit denen sich feine Linien und kleine Flächen ausschneiden lassen sowie grobe Aufsätze.
Heftdeckel: Den Aquarellbogen mit dem Pinsel und der Aquarellfarbe einfärben. Da sich das Büttenpapier leicht angefeuchtet besser bedrucken lässt, kann man sofort mit dem Bedrucken beginnen.
Etwas Linoldruckfarbe z.B. auf einen alten Teller geben und mit der Farbwalze verteilen. Nun die Farbe auf den Stempel auftragen und die Motive auf das Büttenpapier drucken. Mit etwas Druck dafür sorgen, dass alle Stellen auf dem Papier abgedruckt werden.
Ich habe einigen Fischen mit etwas Goldfarbe noch Augen verpasst.
Die Linoldruckfarbe muss gut trocknen – am besten über Nacht.
Heft: Die Büttenpapierbögen quer mittig falzen und ineinander legen. Den Heftdeckel ebenfalls mittig falzen und um die Büttenpapierbögen herumlegen. Das Heft aufklappen und den Heftdeckel so ausrichten, dass rundherum ein gleichmäßiger Abstand entsteht.
Im Falz mittig sowie jeweils 1 cm von der Außenkante entfernt einen Durchstechpunkt markieren.
Den Zwirn in die Nadel einfädeln und innen beginnend durch den mittigen Punkt nach außen durchstechen (hier kann ein Fingerhut helfen!). Die Nadel von einem der äußeren Punkte wieder nach innen stechen. Durch den zweiten äußeren Punkt die Nadel wieder nach außen und abschließend durch das mittlere Loch wieder ins Innere führen. Hier nun die beiden Fäden gut miteinander verknoten und abschneiden.
Dann hält man es in den Händen, das selbstgestaltete Büchlein oder Heft mit den wunderschönen leeren Seiten und der einzigartigen Haptik. Und wieder ist sie da, die Fläche, die Stille. Wie ein Gefäß, das gefüllt werden möchte. Aber die Worte werden kommen… vielleicht so wie einst bei Heinrich Heine:
Die Nordsee
Gar besonders wunderbar wird mir zumute, wenn ich allein in der Dämmerung am Strande wandle – hinter mir flache Dünen, vor mir das wogende Meer, über mir der Himmel wie eine riesige Kristallkuppel – ich erscheine mir dann selbst sehr ameisenklein, und dennoch dehnt sich meine Seele so weltenweit.
Die hohe Einfachheit der Natur, wie sie mich hier umgibt, zähmt und erhebt mich zu gleicher Zeit, und zwar in stärkerem Grade als jemals eine andere erhabene Umgebung.(Aus: Die Nordsee, Reisebilder)
Tipp:
Das Buchbinde-Handwerk ist, wie ich finde, eines der interessantesten Handwerke mit großer Tradition. Bücher richtig zu binden oder gar zu restaurieren ist eine besondere Kunst. Ich habe einen sehr schönen Film gefunden, der wunderbar zeigt, wie ein Buchbinder arbeitet. Wer Lust hat, bitte hier entlang…
Liebe Larissa, ich sitze gerade im Strandkorb auf Amrum und lese Deinen wunderschönen Blogbeitrag. Danke für die Inspiration und herzliche Grüße von Katja, die immer schon mal selber Bücher binden wollte
Liebe Katja, oh wie schön, vielen Dank für Dein Feedback! Amrum ist auch so herrlich. Und Du erlebst vielleicht gerade diese besonderen Stimmungen, die mich so inspiriert haben. Ich wünsche Dir eine wundervolle Zeit. Probier es unbedingt einmal aus, Bücher zu binden – es macht so viel Spaß. Herzliche Grüße! Larissa
Für das Buchbinden interessiere ich mit seit “Tintenherz”. Ich kam jedoch nie darauf, dass diese Tätigkeit so vielfältig sein kann. Dass man die Natur “auf” sein Buch bringt, finde ich toll.
Ja, die Buchbinderei ist wirklich ein so interessantes Handwerk. Und erste eigene Versuche öffnen den Blick für die wahre Kunst, die dahinter steckt. Ich finde es wunderbar, dass es einfachen Möglichkeiten gibt, kleine Büchlein zu schaffen und mit selbst kreierten Einbänden zu gestalten. Es bereitet so viel Freude! Herzlichen Dank für Ihren Kommentar und viele Grüße! Larissa Wasserziehr
Hallo,
vielen Dank für die tolle Anleitung.
Das werde ich bei Gelegenheit auf jeden Fall mal ausprobieren.
Es ist auch eine tolle Geschenkidee.
Liebe Grüße
Daniela
Hallo Daniela,
sehr gerne, ich freue mich, dass Ihnen die Anleitung gefällt. Viel Freude beim Ausprobieren – und vielleicht beim Verschenken! Es ist in der Tat ein sehr persönliches Geschenk und Notizbücher kann man immer gut gebrauchen.
Herzliche Grüße!
Larissa Wasserziehr